Die Reform der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) hat die nächste Hürde genommen. Das EU-Parlament hat den geplanten Sanierungsvorgaben zugestimmt. Die Immobilien- und Wohnungswirtschaft schaut nun auf die nationale Umsetzung – und fordert bezahlbare Lösungen.
Der Energieverbrauch von Wohngebäuden soll durch die neue EPBD bis 2030 im Schnitt um 16 % und bis 2035 um 20 bis 22 % sinken. Für Nichtwohngebäude sehen die Vorschriften vor, dass 16 % der am wenigsten energieeffizienten Gebäude bis 2030 und 26 % bis 2033 renoviert werden müssen. Im Dezember vergangenen Jahres hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der ebenfalls beteiligten EU-Staaten mit der EU-Kommission auf die Reform der Richtlinie geeinigt. Eine Sanierungspflicht für einzelne Gebäude ist seither vom Tisch.
Immobilienbranche warnt vor finanzieller Überlastung
Nun kommt es darauf an, wie Deutschland die Richtlinie umsetzt. Die Wohnungs- und Immobilienbranche warnt vor einer weiteren Überlastung: Auch wenn es keinen Sanierungszwang gebe, seien die Anforderungen weiterhin enorm hoch, erklärte der Präsident des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Dirk Salewski. "Wenn Eigentümer finanziell überfordert sind, wird es nicht zu den Sanierungen kommen."
Die überarbeitete Richtlinie zeichne sich durch einen Mix aus "ehrgeizigen Zielen plus Pragmatismus" aus, kommentierte ZIA-Geschäftsführer Dr. Joachim Lohse. "Jede weitere Verschärfung verteuert das Bauen zusätzlich und verstärkt so die Wohnungsnot wie die Gefahr sozialer Spannungen erheblich."
Auch der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW mahnte die Bezahlbarkeit an. "Die vorhandenen Mittel – volks- wie privatwirtschaftliche – müssen mit maximalem Erfolg für Nullemissionshäuser eingesetzt werden, denn die Wohnungsunternehmen können jeden Euro nur einmal ausgeben", so GdW-Präsident Axel Gedaschko. Der Eigentümerverband Haus & Grund warnte zudem vor einem starken Wertverlust bei zahlreichen Immobilien, sollte die Bundesregierung Mindeststandards einführen, die alle Gebäude erfüllen müssten.
Prognose: Kosten von 140 Mrd. EUR
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) teilte mit, sie trete dafür ein, dass die Umsetzung der Richtlinie bei Schulen und Krankenhäusern beginne. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, man werde den Umsetzungsbedarf prüfen. Die Bundesregierung habe sich dafür eingesetzt, dass es keine individuellen Sanierungspflichten von Wohngebäuden gebe.
Zu den möglichen Kosten des Vorhabens teilte Haus & Grund unter Berufung auf Zahlen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen von 2022 mit, die 15 % der ineffizientesten Gebäude in Deutschland entsprächen etwa 2,4 Mio. Wohngebäuden. Bereits für eine Teilmodernisierung dieser Gebäude könnten rund 17,2 Mrd. EUR im Jahr fällig werden. Bis 2030 entspreche das einem Gesamtaufwand von knapp 140 Mrd. EUR. Im Schnitt seien das knapp 60.000 EUR je Gebäude.
Die Bauwirtschaft sieht Möglichkeiten, über die Sanierung von ganzen Wohnblocks kostengünstig zu arbeiten. Wenn zeitgleich eine größere zusammenhängende Zahl von Wohnungen und Häusern renoviert werde, könnten Skaleneffekte eintreten, teilte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie mit. Gleichzeitig kritisiert die Industrie, dass die Anforderungen des Vorhabens Neubauten teurer machten. Von dem Gesetz gingen kaum Impulse aus, die aktuelle Wohnungsbaukrise in Deutschland abzumildern.
Strenge Sanierungspflicht: Was das EU-Parlament wollte
Das EU-Parlament stimmte am 14.3.2023 mit einer deutlichen Mehrheit für strengere Regeln bei der Reform der Gebäuderichtlinie (EPBD) – der Plan war, dass bis zum Jahr 2030 alle Wohnhäuser mindestens die Energieeffizienzklasse "E" und bis 2033 mindestens die mittlere Energieeffizienzklasse "D" erreichen sollten.
Der im EU-Parlament für das Vorhaben federführend zuständige Abgeordnete Ciarán Cuffe (Grüne) betonte, dass Ausnahmen vorgesehen seien: etwa für kleine Gebäude unter 50 qm oder Ferienhäuser. Einer Mitteilung des Parlaments zufolge dürfen die EU-Staaten weitere Ausnahmen erlauben, "je nachdem, ob die Renovierungen wirtschaftlich und technisch durchführbar und qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar sind".
Wie geht es weiter?
Nach dem Beschluss des Europäischen Parlaments fehlt nun noch die Zustimmung des Rates. Dann erst stehen die konkreten Formulierungen fest und die Frist zur Umsetzung von grundsätzlich 2 Jahren beginnt zu laufen.
Beschlossen worden ist auch der Ausstieg aus Heizungen mit fossilen Brennstoffen. Die EU-Staaten sollen einen Fahrplan bis zum Jahr 2040 implementieren. Mit der Förderung für Öl- und Gasheizungen soll spätestens 2025 Schluss sein. Zudem soll die Installation von Solaranlagen bis 2030 auch in neuen Wohngebäuden verpflichtend werden, wo es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Wie die Ziele konkret erreicht werden, können die EU-Staaten zu großen Teilen selbst festlegen. Auch mögliche Sanktionen für Immobilieneigentümer, die diese Ziele nicht rechtzeitig erreichen, werden im Rahmen der Umsetzung in nati...