Problemüberblick
Im Fall geht es nach den Feststellungen des AG um einen Hund, der durch sein Verhalten nicht stört. Andernfalls müsste sein Eigentümer auf ihn einwirken und z. B. übermäßiges Bellen unterbinden. Eine Hundehaltung ist aber dennoch unzulässig, wenn die Wohnungseigentümer das so bestimmt haben. Dazu stehen ihnen 2 Wege offen: Ein Beschluss und eine Vereinbarung. Im Fall geht es um eine Vereinbarung. Für diese kann man fragen, ob sie überhaupt wirksam ist. Dies verneint das AG.
Unbestimmte Vereinbarungen
Eine Vereinbarung ist unwirksam und von der Verwaltung und den Wohnungseigentümern nicht zu beachten, wenn sie zu "unbestimmt" ist. Ebenso wie ein Beschluss muss eine Vereinbarung klar und eindeutig bestimmen, was sie regeln und was ihr Anwendungsbereich sein soll. "Klassiker" in diesem Bereich sind Umlagevereinbarungen. Eine Umlagevereinbarung muss klar und eindeutig ihrem Inhalt nach feststellbar sein. Unklare und/oder undurchführbare Umlageschlüssel ändern § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht ab und sind unwirksam.
Im Fall geht es um den Begriff "Haustier". Zu fragen ist, ob klar ist, was er meint. Das AG ist der Ansicht, der Begriff sei unscharf. Es stellt dazu dar, welche Quellen es zu Rate gezogen hat. Ich war insoweit zunächst verblüfft, denke aber, dem AG ist zuzustimmen. Welche Tiere "Haustiere" sind, ist wirklich nicht ganz klar. Ist es auch der Goldfisch in einem Glas, sind es Ameisen in einem Terrarium oder ein Kanarienvogel? Allerdings gibt es einen Kernbereich, der unstreitig ist. Dies sind zweifellos "normale" Hunde und Hauskatzen. Ich schreibe "normale" Hunde, weil es auch Hunde gibt, die nach ihrem Wesen und/oder ihrer Erziehung nicht in Wohnungen gehalten werden sollten und eigentlich kein Haustier sind. Das AG sieht das auch so, meint aber, man könne die Vereinbarung, die Haustiere verbietet, insoweit nicht einschränkend auslegen. Es benutzt dazu den Begriff aus dem AGB-Recht, den der "geltungserhaltenen Reduktion". Der passt aber nicht, da Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nicht nach §§ 305 ff. BGB (= dem AGB-Recht) geprüft werden. Ich denke aber wie das AG, dass die "Idee" passt. Diese besteht darin, dass man nicht im Wege der Auslegung einen Begriff auf seinen noch zulässigen Inhalt zurückführen darf. Ist eine Vereinbarung nach einer Auslegung unklar, ist sie unwirksam – und zwar auch dann, wenn es Bereiche gäbe, in der sie wirksam wäre.
Kernbereich der Rechte eines Wohnungseigentümers
Das AG möchte seine Entscheidung "wasserfest" machen und meint daher, die Vereinbarung sei auch dann, wenn sie klar wäre, wegen eines Verstoßes gegen den Kernbereich der Rechte eines Wohnungseigentümers unwirksam. Dem ist m. E. nicht zuzustimmen. Vereinbarungen bedürfen keines sachlichen Grunds. Es ist daher möglich, durch eine Vereinbarung z. B. das Halten von Hunden zu verbieten.
Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein Wohnungseigentümer, der auf einen Hund angewiesen ist, z. B. eine blinde Person, einen Hund dennoch halten darf. So kann es auch bei einem Therapiehund sein – und darauf hatten sich die Beklagten ja auch berufen. Diesen Weg, der erprobt ist, wäre ich gegangen und hätte die anderen Überlegungen gar nicht angestellt.