Alexander C. Blankenstein
Mit Blick auf den Anwendungsbereich von § 106 GEG ist zunächst zu prüfen, welche Nutzung überwiegt. Bilden die Wohnungen den Schwerpunkt, weil sie mehr als 50 % der Gebäudenutzfläche umfassen und demnach der Anwendungsbereich des § 106 Abs. 1 GEG eröffnet ist, müssen 3 Voraussetzungen kumulativ vorliegen, um das Gebäude aufteilen zu müssen:
- Die Nichtwohnnutzung darf nicht nur einen unerheblichen Teil der Gebäudenutzfläche umfassen;
- die Nichtwohnnutzung muss sich in wesentlicher Hinsicht von der Wohnnutzung unterscheiden;
- die gebäudetechnische Ausstattung muss sich wesentlich von den Wohnungen unterscheiden.
Freiberufliche Nutzung
Aus § 106 Abs. 1 GEG ergibt sich zunächst der Grundsatz, dass das Gebäude auch insoweit als Wohngebäude zu behandeln ist, soweit die Nichtwohnnutzung sich nach der Art der Nutzung und der gebäudetechnischen Ausstattung nicht wesentlich von der Wohnnutzung unterscheidet. Weder waren der EnEV noch sind dem GEG insoweit weitere Konkretisierungen zu entnehmen. Nach Auffassung des Verordnungsgebers der EnEV 2007 seien typische Fälle derartiger wohnähnlicher Nutzungen freiberufliche Nutzungen, die üblicherweise in Wohnungen stattfinden könnten, und freiberufsähnliche gewerbliche Nutzungen. Insoweit unterscheiden sich freiberufliche Nutzungen wie etwa Kanzleien, Architekturbüros, Kindertagesstätten oder auch Schreibbüros oder Arztpraxen nicht wesentlich von der Wohnnutzung.
40 % Nichtwohnnutzung
Das Gebäude hat eine Nutzfläche von insgesamt 1.000 m2. Es dient zu 60 % Wohnzwecken, im Übrigen wird es von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft genutzt.
Obwohl die Bagatellgrenze von 10 % weit überschritten ist, ist das Gebäude als Wohngebäude anzusehen, da die Nutzung zu Wohnzwecken überwiegt.
Dem Spaltungsgrundsatz unterliegen weiter nur solche Nichtwohnnutzungen innerhalb eines Wohngebäudes, die sich zusätzlich auch bei der gebäudetechnischen Ausstattung (z. B. Belüftung und Klimatisierung) wesentlich von der Wohnnutzung unterscheiden.
Der Supermarkt im Erdgeschoss
Im Erdgeschoss der ansonsten aus Wohnungen bestehenden Anlage befindet sich ein Supermarkt. Seine Größe umfasst 8 % der Gebäudenutzfläche.
Eine Spaltung des Gebäudes in Wohngebäude und Nichtwohngebäude findet angesichts der Fläche des Supermarktes nicht statt. Das Gebäude wird insgesamt als Wohngebäude behandelt.
Der Supermarkt umfasst 15 % der Gebäudenutzfläche.
Die Nichtwohnnutzung ist nicht mehr unerheblich, da die Bagatellgrenze von ca. 10 % der Gebäudenutzfläche überschritten ist. Die Nutzung der Erdgeschosseinheit als Supermarkt unterscheidet sich auch wesentlich von einer Wohnnutzung. Schließlich unterscheidet sich auch die gebäudetypische Ausstattung angesichts erforderlicher lüftungs- und klimatechnischer Anlagen wesentlich von Wohnungen. Der Supermarkt wäre als Nichtwohngebäude zu behandeln.