3.1 Klage vor Ablauf der Kündigungsfrist

Für das gerichtliche Verfahren in Mietsachen ist noch die Frage von Bedeutung, ob im Fall einer Kündigung des Mietverhältnisses schon vor Ablauf der Kündigungsfrist Räumungsklage erhoben werden kann. Grundsätzlich kann der Vermieter vor Ablauf der Kündigungsfrist auf Räumung klagen, wenn die Geltendmachung des Räumungsanspruchs an den Eintritt eines Kalendertags geknüpft ist (§ 257 ZPO). Bei Klage auf Räumung von Wohnraum ist jedoch die Klageerhebung vor Ablauf der Kündigungsfrist oder Mietzeit nur zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen, d. h., der Mieter nicht rechtzeitig räumen werde (§ 259 ZPO).

 
Praxis-Beispiel

Gerechtfertigte Besorgnis

Die Besorgnis kann nach den Umständen des Einzelfalls gerechtfertigt sein, wenn der Mieter seinen Widerspruch gegen die Kündigung des Mietverhältnisses damit begründet, die von ihm seit der Kündigung unternommene Suche nach Ersatzwohnraum sei bislang erfolglos geblieben, weshalb eine Räumung und Herausgabe der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses für ihn wegen drohender Obdachlosigkeit eine nicht zu rechtfertigende Härte i. S. v. § 574 Abs. 2 BGB darstelle.[1]

Vor Ablauf der Widerspruchsfrist kann der Vermieter vom Mieter keine Stellungnahme zu der ausgesprochenen Kündigung und keine Erklärung darüber verlangen, ob der Mieter ausziehen werde oder nicht. Eine trotzdem erhobene Räumungsklage wäre kostenpflichtig abzuweisen. Dagegen berechtigt ein Schweigen bzw. eine unzureichende Antwort des Mieters auf eine entsprechende Anfrage des Vermieters nach Ablauf der Widerspruchsfrist zur Erhebung der Klage.

Dementsprechend kann auch bei Gewerberäumen Veranlassung zur Erhebung einer Räumungsklage (§ 257 ZPO) bestehen, wenn der Vermieter den Mietvertrag gekündigt hat und der Mieter sich auf eine vor Ablauf der Kündigungsfrist erfolgte Anfrage des Vermieters nicht zu seinen Räumungsabsichten äußert.[2]

3.2 Räumungsfrist

 
Hinweis

Angemessene Räumungsfrist

Im Fall der fristlosen Kündigung durch den Vermieter sollte dem Mieter eine angemessene Frist zur Räumung gesetzt werden, da sich der Mieter erst nach Ablauf dieser Frist in Verzug befindet und damit Anlass zur Erhebung der Räumungsklage gibt.[1] Die sofortige Erhebung der Räumungsklage, welche die fristlose Kündigung enthält, kann nach dieser Rechtsprechung zu Kostennachteilen für den Vermieter führen.[2]

Grundsätzlich besteht nämlich kein Anlass zur Klage i. S. d. § 93 ZPO, wenn der Mieter weder in Verzug war noch den Anspruch bestritten oder die Leistung verweigert hat.[3]

Auch ein Mieter, der erst im Kündigungsschreiben unter Klageandrohung zur sofortigen Räumung aufgefordert wird, gibt nämlich für die gleichzeitige Einreichung einer Räumungsklage (noch) keine Veranlassung.[4] Daher fallen die Kosten der Räumungsklage gem. § 91a ZPO dem Vermieter zur Last, der gleichzeitig mit der Erklärung der Kündigung wegen Zahlungsrückstands mit Räumungsaufforderung bereits Klage auf Zahlung und Räumung einreicht und dann den Rechtsstreit wegen der Räumung (in der Hauptsache) für erledigt erklärt, weil am Tag der Klagezustellung die Räumung erfolgte.[5]

Hat der Mieter jedoch auf eine erste formunwirksame Kündigung des Vermieters erklärt, dass er noch lange Zeit zur Nutzung berechtigt sei, kann der Vermieter ohne Kostennachteile die zweite und nunmehr wirksame Kündigung mit der Räumungsklage verbinden.[6]

Für den Vermieter besteht keine Veranlassung für die Erhebung einer Räumungsklage, wenn der Mieter vor deren Einreichung ankündigt, zu einem Termin räumen zu wollen, der so knapp (hier: 1 Tag) nach dem Zeitpunkt der Einreichung der Räumungsklage liegt, dass der Vermieter nicht davon ausgehen kann, dass die sofortige Einleitung des gerichtlichen Räumungsverfahrens zu einer schnelleren Räumung führt. In diesem Fall ist es dem Vermieter zuzumuten, den angekündigten Räumungstermin abzuwarten; anderenfalls sind ihm die Kosten des gerichtlichen Räumungsverfahrens aufzulegen; es sei denn, dass der Vermieter konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Mieter nicht wie angekündigt räumen wird.[7]

Die zusätzliche Gewährung einer gerichtlichen Räumungsfrist ist für den Vermieter grundsätzlich unzumutbar, wenn die Zahlung der laufenden Miete/Nutzungsentschädigung für die Dauer der Räumungsfrist nicht gewährleistet ist.[8]

Auch wenn der Mieter durch sein Verhalten Anlass für eine Klageerhebung gegeben hat, kann das Gericht dem Vermieter die Kosten des Räumungsrechtsstreits ganz oder teilweise auferlegen (§ 93b Abs. 3 ZPO), wenn der Mieter den Anspruch auf Räumung zwar sofort anerkennt, er aber bereits vor Erhebung der Klage beim Vermieter unter Angabe von Gründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses oder eine angemessene Räumungsfrist vergeblich begehrt hat und das Gericht eine Räumungsfrist bewilligt. Dies gilt auch, wenn der Mieter zwar eine unangemessen lange Räumungsfris...

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