§§ 1 - 5 Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

§ 1 Sachlicher Anwendungsbereich

 

(1) Die Erhebung einer Klage vor Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist erst zulässig, nachdem von einer in § 3 genannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen,

 

1.

in Streitigkeiten über Ansprüche wegen

 

a)

der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelten Einwirkungen, sofern es sich nicht um Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs handelt,

 

b)

Überwuchses nach § 910 des Bürgerlichen Gesetzbuches,

 

c)

Hinüberfalls nach § 911 des Bürgerlichen Gesetzbuches,

 

d)

eines Grenzbaums nach § 923 des Bürgerlichen Gesetzbuches,

 

e)

der im Hessischen Nachbarrechtsgesetz vom 24. September 1962 (GVBl. I S. 417), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. September 2014 (GVBl. S. 218), geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs handelt,

 

2.

in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzungen der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind.

 

(2) Abs. 1 findet keine Anwendung auf

 

1.

Klagen nach §§ 323, 324, 328 der Zivilprozessordnung, Widerklagen und Klagen, die binnen einer gesetzlichen oder gerichtlich angeordneten Frist zu erheben sind,

 

2.

Streitigkeiten in Familiensachen,

 

3.

Wiederaufnahmeverfahren,

 

4.

Ansprüche, die im Urkunden- oder Wechselprozess geltend gemacht werden,

 

5.

die Durchführung des streitigen Verfahrens, wenn ein Anspruch im Mahnverfahren geltend gemacht worden ist,

 

6.

Klagen wegen vollstreckungsrechtlicher Maßnahmen, insbesondere nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung,

 

7.

Klagen, die auf Duldung gerichtet und im Gewerbebetrieb der klagenden Partei begründet sind,

 

8.

Anträge, die im Adhäsionsverfahren (§ 403 der Strafprozessordnung) gestellt werden,

 

9.

Klagen, für die nach anderen Vorschriften ein obligatorisches Vorverfahren angeordnet ist.

§ 2 Räumlicher Anwendungsbereich

Ein Einigungsversuch nach § 1 Abs. 1 ist nur erforderlich, wenn die Parteien in Hessen wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung haben.

§ 3 Sachliche Zuständigkeit

 

(1) Das Schlichtungsverfahren nach diesem Gesetz führt das Schiedsamt oder eine andere von der Landesjustizverwaltung eingerichtete oder anerkannte Gütestelle nach Maßgabe der jeweils für sie geltenden Verfahrensordnung durch (obligatorische Streitschlichtung).

 

(2) 1Das Erfordernis eines Einigungsversuchs vor dieser Stelle entfällt, wenn die Parteien einvernehmlich versucht haben, ihren Streit vor einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt, beizulegen (fakultative Streitschlichtung). 2Die Aufgaben der sonstigen Gütestellen können auch von den Mitgliedern der Rechtsanwalts- und Notarkammern wahrgenommen werden.

 

(3) Im Rahmen der fakultativen Streitschlichtung sind die Mitglieder der Notarkammern befugt, eidesstattliche Versicherungen entgegenzunehmen und formbedürftige Erklärungen zu protokollieren.

§ 4 Örtliche Zuständigkeit

1Das Schlichtungsverfahren ist bei der Gütestelle einzuleiten, in deren Bezirk die Gegenpartei wohnt. 2Bei Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- und Pachtverhältnissen über Räume ist die Gütestelle ausschließlich zuständig, in deren Bezirk sich die Räume befinden.

§ 5 Erfolglosigkeitsbescheinigung

 

(1) 1Über einen ohne Erfolg durchgeführten Schlichtungsversuch ist den Parteien von der anerkannten Gütestelle eine Bescheinigung zu erteilen. 2Die Bescheinigung ist auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei Monaten das Einigungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.

 

(2) Die Bescheinigung muss enthalten

 

1.

Name und Anschrift der Parteien,

 

2.

Angaben über den Gegenstand des Streites, insbesondere die Anträge.

3Außerdem sollen Beginn und Ende des Verfahrens vermerkt werden.

 

(3) Das Scheitern einer Streitschlichtung vor einer sonstigen Gütestelle ist durch eine Bescheinigung nachzuweisen, die den Anforderungen des Abs. 2 entspricht.

§§ 6 - 15 Zweiter Abschnitt Einrichtung und Anerkennung von Gütestellen

§ 6 Gütestellen und Schiedsämter

 

(1) 1Als Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung können juristische Personen oder bei diesen bestehende Stellen eingerichtet oder anerkannt werden. 2Auch natürliche Personen können als Gütestellen anerkannt werden.

 

(2) Schiedsämter im Sinne des Hessischen Schiedsamtsgesetzes vom 23. März 1994 (GVBl. I S. 148), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. August 2018 (GVBl. S. 362), stehen den von der Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestellen gleich.

§ 7 Aufgaben

1Aufgabe der Gütestelle ist es, die außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern und die Inanspruchnahme der Gerichte in geeigneten Fällen entbehrlich zu machen. 2Ihr obliegt die einvernehmliche Streitbeilegung nach § 1.

§ 8 Persönliche Voraussetzungen

 

(1) Natürliche Personen können als Gütestellen anerkannt werden, wenn sie nach ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten für das Amt geeignet sind und sich verpflichtet haben, die Schlichtung als dauerhafte Aufgabe zu betreiben.

 

(2) Nicht anerkannt werden kann, wer

 

1.

die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt,

 

2.

unter Betreuung steht,

 

3.

durch sonstige, nicht unter Nr. 2 fallende gerichtliche Anordnungen in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist.

 

(3) 1Juristische Personen oder deren Einrichtungen können als Gütestellen anerkannt werden, wenn gewährleistet is...

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