Liegen nach dem Gesetz oder den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen die Voraussetzungen für einen entschuldigten Überbau vor, so hat der Nachbar bzw. der Rechtsinhaber (bei Grunddienstbarkeit oder Sondernutzungsrecht) den Überbau zu dulden. Für den Nachbareigentümer handelt es sich um eine Beschränkung seines Eigentums, die mit dem Grundstückseigentum gemäß § 96 BGB untrennbar verbunden ist. Umgekehrt ist das Recht auf Duldung des Überbaus untrennbar mit dem Eigentum am sog. Stammgrundstück verbunden.[1]

Die Duldungspflicht trifft den jeweiligen Eigentümer (Rechtsinhaber) des überbauten Grundstücks (der überbauten rechtlich gesicherten Fläche), auch beim Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung. Die Duldungspflicht im Grundbuch ist nicht eintragbar.[2]

Die Duldungspflicht erstreckt sich nur auf den Überbau in seiner bei der Grenzüberschreitung vorhandenen Form. Spätere Erweiterungen oder Aufstockungen müssen dagegen nicht geduldet werden (vgl. oben Kap. 2.1.3).

Umgekehrt hat der "überbaute" Nachbareigentümer keinen Anspruch dahingehend, dass der Überbau erhalten bleibt.[3] Wenn deshalb der Eigentümer des sog. Stammgrundstücks im Rahmen einer Neubaumaßnahme den Überbau abreißt, kann dies der überbaute Nachbareigentümer nicht verhindern.

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 25.2.1983, V ZR 299/81, NJW 1983, 2022.
[2] Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 912, Rn. 11.
[3] Vgl. BGH, Urteil v. 23.9.1988, V ZR 231/87, NJW 1989, 221.

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