Alexander C. Blankenstein
5.1 Wohnungseigentümer
Gem. § 12 Abs. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Insoweit müssen sachliche Gründe dargelegt werden, die die Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. Dieser allgemeine Grundsatz findet auch auf die Sondereigentümer innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft Anwendung, soweit diese Einsicht in die Grundbücher anderer Sondereigentumseinheiten begehren. Zu prüfen ist daher stets, ob ein solches sachliches Interesse schlüssig dargelegt ist.
Ein sachliches Interesse ergibt sich nicht bereits aus der bloßen Stellung als Miteigentümer. Zunächst besagt die Stellung als Miteigentümer nichts über ein konkretes Informationsbedürfnis. Soweit ein solches hinsichtlich des sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Gemeinschaft im Einzelfall besteht, kann dem durch eine beschränkte Einsicht in das Bestandsverzeichnis und der Ersten Abteilung regelmäßig Rechnung getragen werden.
Die Einsicht in die Zweite und Dritte Abteilung des Grundbuchs offenbart hingegen die Nutzungs- und Haftungsverhältnisse des fremden Sondereigentums und in Grenzen die wirtschaftlichen Verhältnisse des entsprechenden Eigentümers. Insoweit ist im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen einem etwaigen Informationsbedürfnis und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht auch eines Hausgeldschuldners stets zu prüfen, ob der einzelne Miteigentümer zur Erlangung der relevanten Informationen auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist, was im Regelfall zu verneinen ist.
Ein Einsichtsrecht in die Dritte Abteilung besteht für einen Wohnungseigentümer ausnahmsweise dann, wenn die Wohnungseigentümer vertraglich die Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart haben und diese nicht vollzogen werden kann, weil in einem der Wohnungsgrundbücher eine Belastung eingetragen ist.
Einsichtsrecht bei Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Wohnungseigentümer vereinbaren in einem notariellen Vertrag die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Allerdings kann diese längere Zeit nicht vollzogen werden, weil im Wohnungsgrundbuch eines Eigentümers eine Bauhandwerkersicherungshypothek eingetragen ist. Die anderen Wohnungseigentümer haben in einem derartigen Fall das Recht, das Wohnungsgrundbuch dieses Eigentümers einzusehen, damit sie erfahren können, wer der Gläubiger ist, sodass sie mit diesem die Hindernisse zum Vollzug des Aufhebungsvertrags ausräumen können.
5.2 Verwalter
Im Fall von Hausgeldrückständen hat der Verwalter für eine effektive Durchsetzung der Ansprüche der GdWE zu sorgen. Ist er angesichts der Größe der Gemeinschaft nicht bereits nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG ermächtigt, muss er für eine Entscheidung der Eigentümer über die gerichtliche Geltendmachung sorgen. In beiden Alternativen stellt sich unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Anspruchsverfolgung auch die Frage nach den (Vor-)Belastungen der Sondereigentumseinheit(en) des Hausgeldschuldners. Dementsprechend ist dem Verwalter in einer solchen Situation ein Einsichtsrecht nach § 12 Abs. 1 GBO zuzubilligen, da er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist.
5.3 Vertreter
Eingesehen werden kann das Grundbuch persönlich oder durch einen Bevollmächtigten. Ein Nachweis der Vollmacht kann, muss aber nicht verlangt werden. Die von einem Rechtsanwalt begehrte Einsicht in die Grundakten zur Ermittlung des Umfangs einer die Wohnungseigentümer belastenden Dienstbarkeit kann nur dann von dem Nachweis der Legitimation des Verwalters abhängig gemacht werden, wenn an der wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts durch die GdWE begründete Zweifel bestehen. In aller Regel benötigt der Rechtsanwalt demnach keine schriftliche Vollmacht seitens des Verwalters.