1 Leitsatz
Ist ein Wohnungseigentum mit einer Grunddienstbarkeit belastet, kann der Wohnungseigentümer von dem Dienstbarkeitsberechtigten, der auf der Fläche des belasteten Sondereigentums eine Anlage hält (hier: Tiefgaragenstellplätze), nach § 1020 BGB i. V. m. dem Begleitschuldverhältnis nicht die von ihm an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf die Erhaltungsrücklage erbrachten Zahlungen erstattet verlangen.
2 Normenkette
§ 18 WEG; § 1020 Satz 2 BGB
3 Das Problem
K ist in einer Wohnungseigentumsanlage Eigentümer von 18 Tiefgaragenstellplätzen. Das Nachbargrundstück ist ebenfalls in Wohnungseigentum aufgeteilt. Dort gehört B ein 1/18 Anteil an dem Teileigentum 19 (es ist ein Keller). Zugunsten dieses Teileigentums besteht eine Grunddienstbarkeit an K's Tiefgaragenstellplätzen. Eine Regelung in Bezug auf die Betriebs- und Erhaltungskosten der Stellplätze haben K, B und die anderen Berechtigten nicht getroffen. K zahlt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in den Jahren 2014 bis 2016 insgesamt 5.940 EUR Vorschuss für die Erhaltungsrücklage. Mit einer Klage verlangt K von B hiervon 330 EUR nebst Zinsen (entsprechend dessen 1/18 Anteil). Das AG weist die Klage ab. Auch die Berufung bleibt erfolglos. Mit der Revision verfolgt K daher seinen Klageantrag weiter.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Für eine anteilige Erstattung der auf die Erhaltungsrücklage geleisteten Zahlungen fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Zwar habe der Grunddienstbarkeitsberechtigte, der zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage halte, diese gem. § 1020 Satz 2 BGB in einem ordnungsmäßigen Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers dies erfordere. Bestehe eine Grunddienstbarkeit an einem Sondereigentum, könne der Sondereigentümer daher die Kosten für die erforderliche Unterhaltung und ggf. für die Erhaltung der Anlage unmittelbar aus dem Begleitschuldverhältnis verlangen, das zwischen ihm und dem Dienstbarkeitsberechtigten bestehe (Hinweis auf BGH, Urteil v. 8.3.2019, V ZR 343/17). Die Bildung von Rücklagen für zukünftige Erhaltungsmaßnahmen gehöre aber nicht zur Pflicht des Dienstbarkeitsberechtigten, die Anlage in einem ordnungsmäßigen Zustand zu erhalten (Hinweis auf BGH, Urteil v. 17.12.2010, V ZR 125/10). Dass K zu Zahlungen auf die Erhaltungsrücklage verpflichtet sei, habe mithin keine entsprechende Pflicht des B zur Folge. Insoweit müsse auch berücksichtigt werden, dass die Erhaltungsrücklage nicht zwingend für eine Erhaltung der auf dem Grundstück gehaltenen Anlage – hier: der Tiefgarage – verwendet werden müsse. K sei daher darauf beschränkt, von B Ersatz der ihm tatsächlich angefallenen Erhaltungskosten zu verlangen.
5 Hinweis
- Im Sondereigentum stehende Räume, Gebäudeteile und Flächen können nach § 6 Abs. 1 WEG nicht isoliert belastet werden. Es ist aber möglich, das ganze Wohnungseigentum (= Miteigentumsanteil + Sondereigentum) zu belasten. Solche Belastungen sind neben Hypothek, Grund- oder Rentenschuld bzw. Reallast, die § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG ausdrücklich nennt, auch Dienstbarkeiten. Eine solche Dienstbarkeit kann den an ihr Berechtigten beispielsweise dazu befugen, einen Stellplatz allein zu benutzen. In diesem Fall ist der Berechtigte von Gesetzes wegen im Verhältnis zum Grundstückseigentümer – das Grundstück kann auch ein Teileigentum sein – nach § 1020 Satz 2 BGB verpflichtet, den Stellplatz auf eigene Kosten zu erhalten. Insoweit kann man fragen, ob sich der Berechtigte auch an der Erhaltungsrücklage beteiligen muss, die der Erhaltung dient. Im Jahr 2010 war insoweit schon der Sache nach geklärt worden, dass der Grundstückseigentümer von Gesetzes wegen von dem Berechtigten keine Zahlung auf die Erhaltungsrücklage verlangen kann (BGH, Urteil v. 17.12.2010, V ZR 125/10, Rn. 12). Neu, aber irgendwie konsequent, ist, dass der Grundstückseigentümer dann auch keine Erstattung seiner Zahlungen auf die Erhaltungsrücklage verlangen kann.
- Dennoch bleibt ein schales Gefühl. Denn letztlich muss K so doch die Reparatur der Stellplätze bezahlen. Die Pflicht des Berechtigten, sich an der Erhaltungsrücklage zu beteiligen, kann zwischen ihm und dem Wohnungseigentümer als "Grundstückseigentümer" allerdings vereinbart werden. Hieran erinnert der Fall. Er fordert das Notariat auf, diesen Fall zu bedenken und i. S. d. Grundstückseigentümers zu klären.
6 Entscheidung
BGH, Urteil v. 18.6.2021, V ZR 146/20