5.1.1 Fehlendes Ausschließungsinteresse

Ein Verbietungsrecht des Eigentümers besteht dann nicht, wenn es sich um Einwirkungen auf die "Körpergestalt" seines Grundstücks handelt, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an ihrer Ausschließung kein Interesse haben kann (§ 905 Satz 2 BGB). Das Fehlen dieses Interesses hat im Streitfall derjenige nachzuweisen, der sich darauf beruft.

Die Rechtsprechung hat beispielsweise das Ausschließungsinteresse verneint in einem Fall, in dem bei in Hanglage gelegenen Grundstücken zur statischen Sicherung einer tiefer gelegenen Baugrube Betonanker unterhalb der Grundstücksfläche des höher gelegenen Grundstücks eingebracht werden mussten, die auf Dauer dort verbleiben sollten. Entscheidend war hier, dass die Betonanker ca. 13 bis 16 m unterhalb der Bodenplatte des höher gelegenen Wohnhauses zu liegen kamen, ein Umstand, der nach Meinung des Sachverständigen und des Gerichts keinerlei Auswirkungen auf die Grundstücksnutzung haben kann.[1]

Andererseits hat aber die Rechtsprechung in einem anderen Fall ein Ausschließungsinteresse bejaht, in dem der Turmdrehkran eines Bauunternehmens ständig in den Luftraum des Nachbargrundstücks geschwenkt wurde. Maßgeblich war in diesem Fall auch, dass sich ein Benutzer des betroffenen Grundstücks durch den überschwenkenden Ausleger des Drehkrans gefährdet oder doch belästigt fühlen kann.[2]

Etwas anderes wird nach der Rechtsprechung allerdings dann zu gelten haben, wenn ein Turmdrehkran nicht ständig gewerblich genutzt, sondern zu vorübergehenden Bauarbeiten eingesetzt wird.[3] Hier hat der betroffene Nachbar das Überschwenken des Kranauslegers entweder aus dem Gesichtspunkt des Hammerschlags- und Leiterrechts zu dulden (so nach den Nachbarrechtsgesetzen von Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) oder nach dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis[4] hinzunehmen (so in Bayern, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, wo ein gesetzlich geregeltes Hammerschlags- und Leiterrecht fehlt).

[2] So OLG Düsseldorf, Urteil v. 9. 8 1989, 9 U 36/89, NJW-RR 1989, 1421.
[3] OLG Düsseldorf, Urteil v. 26.2.2007, 9 W 105/06, NJW 2007, 582.
[4] Siehe hierzu Wegner, Rechtsgrundlagen des Nachbarrechts, Kap. 2.3 Nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis.

5.1.2 Ver- und Entsorgungsleitungen

Im Bereich der Elektrizitäts- und Gasversorgung sowie der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sind leitungsgebundene Einrichtungen unverzichtbar. Ver- und Entsorgungsleitungen für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme sind vom Grundstückseigentümer als Anschlussnehmer zu dulden. Diese Duldungspflicht ist den nachfolgenden Verordnungen geregelt und Bestandteil des Versorgungsvertrags mit dem Versorgungsunternehmen:

Im Einzelnen sind danach die Strom-, Gas- und Wasserkunden verpflichtet, Leitungen zum Zweck der örtlichen Ver- und Entsorgung, den Einbau von Verteilungsanlagen sowie Schutzmaßnahmen auf ihren im Versorgungsgebiet liegenden Grundstücken unentgeltlich zu dulden. Der Duldungspflicht unterliegen allerdings nur solche Grundstücke, die an die Strom- und Gasversorgung bzw. die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung angeschlossen sind. Die Duldungspflicht entfällt, wenn die Inanspruchnahme eines Grundstücks den Eigentümer unzumutbar belasten würde. Die Unzumutbarkeit für eine bestimmte Leitungsführung muss der Betroffene dartun und andere Alternativen aufzeigen. Der Eigentümer kann auch die Verlegung der Einrichtungen verlangen, wenn sie an der bisherigen Stelle für ihn nicht mehr zumutbar sind (so jeweils § 8 der Verordnungen).

Die Duldungspflicht besteht nicht nur hinsichtlich solcher Leitungen, die der eigenen Versorgung dienen, sondern auch insoweit, als die Versorgung Dritter eine Leitungsführung über das in Anspruch genommene Grundstück erforderlich macht (hier: § 12 Abs. 1 NAV).[1] Diese Duldungspflicht besteht auch dann, wenn das eigene Grundstück gar nicht an das Netz angeschlossen ist.[2]

Die Duldungspflicht besteht nur im Verhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und seinen Kunden. Dagegen kann ein Grundeigentümer aus den Verordnungsregelungen kein Recht gegen seinen Nachbarn herleiten, sein Grundstück für die Verlegung von Leitungen in Anspruch nehmen zu dürfen. Dazu muss er sich vielmehr auf ein Lei...

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