Alexander C. Blankenstein
1.1.1 Abstraktionsprinzip
Zentrale Norm, die den Erwerb des Eigentums an einem Grundstück regelt, ist § 873 BGB:
§ 873 BGB – Erwerb durch Einigung und Eintragung
(1) Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Recht sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechts ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Vor der Eintragung sind die Beteiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Teil eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat.
Danach sind gem. Abs. 1 dieser Vorschrift
- die Einigung des Eigentümers und des Erwerbers sowie
- die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich.
Für den Fall der Eigentumsübertragung wird § 873 BGB durch § 925 BGB ergänzt, der die näheren Voraussetzungen der Einigung über die Eigentumsübertragung regelt, die in dieser Vorschrift als Auflassung bezeichnet wird:
§ 925 BGB – Auflassung
(1) Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan erklärt werden.
(2) Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
Auch der Immobilienkaufvertrag unterliegt dem Abstraktionsprinzip:
- Der Vertrag selbst regelt die schuldrechtlichen Pflichten der Parteien, also das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag).
- Der Eigentumsübergang, also das Verfügungsgeschäft, vollzieht sich nach § 925 BGB.
Abstraktionsprinzip
1.1.2 Einigung
Die Einigung gem. § 873 BGB ist ein dinglicher Vertrag, der auf die jeweilige Rechtsänderung gerichtet ist. Auf ihn finden die Regeln des Allgemeinen Teils des BGB Anwendung (siehe B.II.1). Der Vertrag bedarf nach § 311b BGB der notariellen Beurkundung. Alle wesentlichen und für den Vertrag notwendigen Inhalte sind zu beurkunden. Wird die Form nicht eingehalten, ist der Vertrag gem. § 125 Satz 1 BGB unwirksam. Kommt es allerdings zur Umschreibung im Grundbuch, tritt nach § 311b Abs. 2 BGB Heilung ein.
"Schwarzkauf"
Im Einzelfall können erhebliche Nebenkosten und Gebühren auf den Erwerber zukommen, die gut und gerne 15 % des Kaufpreises ausmachen können. Deshalb kommt es in der Praxis vereinzelt vor, dass die Vertragsparteien im Notarvertrag den Kaufpreis erheblich unter dem tatsächlichen beurkunden lassen, in der Hoffnung, der Formmangel bezüglich der nicht beurkundeten Abrede über den tatsächlichen Kaufpreis werde unter der Voraussetzung des § 311b Abs. 2 BGB geheilt.
Tatsächlich kann eine Heilung eintreten. Zwar ist der beurkundete Kaufvertrag mit dem geringeren Kaufpreis als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Allerdings ist der mündlich geschlossene Vertrag über den tatsächlichen Kaufpreis wirksam. Durch die notariell erklärte Auflassung und die Eintragung im Grundbuch wird der Formmangel geheilt. Dies gilt jedenfalls für alle Fälle, in denen die Steuerhinterziehungsabsicht nicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist, sondern, wie im Regelfall, der Leistungsaustausch in Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des Kaufpreises.
1.1.3 Auflassung
Die Auflassung muss gem. § 925 Abs. 1 BGB bei gleichzeitiger Anwesenheit von Veräußerer und Erwerber vor einer hierfür zuständigen Stelle, in aller Regel einem Notar, erklärt werden. Zwar erfordert § 925 Abs. 1 BGB nur, dass die Auflassung vor einer zuständigen Stelle erklärt wird, sodass an sich keine notarielle Beurkundung der Auflassung nötig ist. Die Bestimmung des § 311b BGB, der die notarielle Beurkundung anordnet, gilt nur für das Verpflichtungsgeschäft und nicht auch für die Auflassung als Verfügungsgeschäft. In der Praxis wird jedoch die Auflassung zugleich mit dem Kaufvertrag notariell beurkundet, weil zumindest die notariell beglaubigte Urkunde gem. § 29 GBO formelle Voraussetzung für die Grundbucheintragung ist. Die gleichzeitige Anwesenheit erfordert im Übrigen nicht, dass beide Parteien in Person erscheinen. Entscheidend ist allein, dass die Einigungserklärungen gleichzeitig abgegeben werden. Die Parteien können sich daher auch gem. §§ 164 ff. BGB vertreten lassen.
Auflassung ist bedingungsfeindlich
Die Auflassung ist gem. § 925 Abs. 2 BGB bedingungsfeindlich. So wäre z. B. eine Grundstücksübereignung unter Eigentumsvorbehalt oder unter der Bedingung, dass die Auflassung von der vollständigen Zahlung des Ka...