Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung bei Unterbringung in einer anderen Familie
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 09.07.2001) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beschluss ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 43.944,70 Euro (entspricht 85.946,40 DM) vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten um Erstattung von Sozialhilfeleistungen sowie die Frage, wer der örtlich zuständige Träger für den streitigen Hilfefall ist.
Der Kläger gewährte der im Januar 1983 geborenen … (Hilfeempfängerin) wegen amtsärztlich festgestellter geistiger und körperlicher Behinderung auf Antrag ihrer allein sorgeberechtigten Mutter mit Bescheid vom 18. Februar 1991 Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG durch Bewilligung der Übernahme der Kosten für eine teilstationäre Betreuung in der Tagesbildungsstätte der Lebenshilfe in Selsingen. Die Hilfeempfängerin hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt bis Juni 1987 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten (Hamburg). Danach verzog sie zu der Pflegefamilie N. … in die Gemeinde Heeslingen, die im Zuständigkeitsbereich des Klägers (Landkreis Rotenburg [Wümme]) liegt. Für die in der Pflegestelle selbst anfallenden Kosten gewährte der hiesige Jugendhilfeträger Leistungen nach dem SGB VIII.
Mit Schreiben vom 22. März 1991 machte der Kläger gegenüber der Beklagten (Amt für Jugend) Kostenerstattung für die gewährte Eingliederungshilfe unter Hinweis auf § 104 BSHG geltend. Die seit August 1990 in der genannten Einrichtung anfallenden Aufwendungen für die teilstationäre Betreuung der Hilfeempfängerin bezifferte der Kläger auf monatlich 2.200 DM. Mit Schreiben vom 16. Oktober 1991 teilte die Beklagte mit, der Erstattungsanspruch werde im gesetzlichen Umfang anerkannt.
Nach Eingang der Kostenaufstellung für 1996 und das erste Halbjahr 1997 über insgesamt 65.167,06 DM teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 11. September 1997 mit, der Rechnungsbetrag werde nicht angewiesen. Nach der Neufassung des § 103 BSHG durch das Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944) zum 1. Januar 1994 seien Kosten, die lediglich im Zusammenhang mit der Unterbringung eines Kindes in einer Pflegestelle anfielen, nicht mehr erstattungspflichtig. Insoweit werde das Anerkenntnis vom 16. Oktober 1991 zurückgezogen. Die für 1994 und 1995 bereits geleisteten Erstattungsbeträge von insgesamt 85.946,40 DM würden zu gegebener Zeit zurückgefordert werden. Die Beklagte, die dem Kostenerstattungsverlangen des Klägers vom 27. November 1998 für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Oktober 1998 über insgesamt 56.838,53 DM nicht nachgekommen war, machte sodann unter Bezugnahme auf dieses Schreiben hinsichtlich der für 1994 und 1995 gezahlten Erstattungsbeträge einen Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X geltend. Die von ihr – der Beklagten – vertretene Rechtsansicht, dass nach der gesetzlichen Neuregelung der Zuständigkeitsvorschriften die sog. Zusammenhangskosten in Pflegestellenfällen seit 1994 nicht (mehr) zu erstatten seien, sei zwischenzeitlich durch mehrere Entscheidungen von Spruchstellen für Fürsorgestreitigkeiten geteilt worden.
Mit weiterem Schreiben vom 4. November 1999 lehnte die Beklagte das – vom Kläger wiederholte – Kostenerstattungsverlangen für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Oktober 1998 über insgesamt 122.005, 59 DM ab. Die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stade vom 17. Dezember 1997 (1 A 1378/97) sei nicht einschlägig. Hier stelle die streitige Eingliederungshilfe und die Betreuung der Hilfeempfängerin in der Pflegefamilie, für die Leistungen der Hilfe zur Erziehung gewährt würden, keine Gesamtmaßnahme nach dem Bundessozialhilfegesetz dar.
Der Kläger hat daraufhin am 28. Dezember 1999 Klage erhoben: Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG sei die Beklagte nicht nur für die Übernahme der Kosten der Unterbringung der Hilfeempfängerin in der Pflegefamilie zuständig, sondern auch für die sonstigen Leistungen, die außerhalb der Pflegestelle erbracht würden. Bei einer umfassenden „Gesamtmaßnahme” wie der vorliegenden müsse der Gesamtbetreuungsbedarf des Kindes Grundlage der Kostenerstattung sein. Da der Gesetzgeber die sog. Anstaltsorte habe schützen wollen, könne § 103 BSHG auch nach der Neuregelung nicht dahin ausgelegt werden, dass die sog. Zusammenhangskosten nunmehr vom Träger des Pflegestellenortes zu tragen seien.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Erstattungszeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Oktober 1998 insgesamt 122.005,59 DM nebst 4 % Zinsen auf 65.167,06 DM seit dem 24. Juli 1997 und auf 56.838,53 DM seit dem 1. Dezember 1998 zu zahlen.
- festzustellen, dass die Beklagte seit dem 1. Januar 1994 für die Hilfegewährung bezüglich Christina Schimpf örtlich zuständig is...