Auch was den Umfang der Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks in Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts betrifft, sind die Landesvorschriften durchaus unterschiedlich ausgestaltet.
4.2.2.1 Recht zum Betreten nur des unbebauten Teils des Nachbargrundstücks
Soweit die Landesvorschriften keine weitergehenden Regelungen beinhalten, wird man davon ausgehen müssen, dass bei Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts nur der unbebaute Teil des Nachbargrundstücks betreten werden darf. Dies gilt für
- Baden-Württemberg,
- Bayern,
- Hamburg,
- Hessen,
- Niedersachsen,
- Rheinland-Pfalz,
- Sachsen und
- Thüringen.
4.2.2.2 Recht zum Betreten auch des bebauten Teils des Nachbargrundstücks
In
- Berlin,
- Brandenburg,
- Nordrhein-Westfalen,
- Saarland,
- Sachsen-Anhalt und
- Schleswig-Holstein
ist dagegen ausdrücklich geregelt, dass das Hammerschlags- und Leiterrecht auch zum Betreten von Gebäuden und anderen baulichen Anlagen auf dem Nachbargrundstück berechtigt. Ob damit auch ein Recht zum Betreten von Wohnungen verbunden ist, erscheint zweifelhaft. Denn nach der Rechtsprechung sind Beschränkungen des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) nur "aufgrund eines Gesetzes" (Art. 13 Abs. 7 GG), d. h. nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung möglich, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Diese von der Rechtsprechung verlangte deutliche Grenzziehung lassen die einschlägigen Landesvorschriften aber vermissen.
4.2.2.3 Erlaubte Maßnahmen
Das Hammerschlags- und Leiterrecht gestattet zum einen das Aufstellen von Leitern und Gerüsten auf dem Nachbargrundstück, soweit diese zur Durchführung von Bauarbeiten auf dem eigenen Grundstück benötigt werden. Zum anderen ist es zulässig, die für die Bauarbeiten benötigten Baumaterialien und Baugeräte über das Nachbargrundstück zu transportieren und zu diesem Zweck das Nachbargrundstück auch mit Fahrzeugen zu befahren.
Baukran
Der Transport der erforderlichen Gegenstände an die Baustelle kann auch durch den Luftraum über dem Nachbargrundstück mithilfe eines Baukrans erfolgen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn ein Baukran vorübergehend bei Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts eingesetzt wird. Ist dagegen ein Baukran auf einem Betriebsgrundstück ständig in Betrieb und schwenkt dessen Kranausleger immer wieder durch den Luftraum des Nachbargrundstücks, kommt eine Berufung auf das Hammerschlags- und Leiterrecht nach der Rechtsprechung nicht in Betracht.
Baumaschinen und Baumaterialien
Soweit Landesvorschriften wie in
- Hamburg,
- Rheinland-Pfalz,
- Sachsen,
- Sachsen-Anhalt und
- Thüringen
das Hammerschlags- und Leiterrecht dahin eingrenzen, dass neben dem Betreten des Nachbargrundstücks und dem Aufstellen von Leitern und Gerüsten die Baumaterialien, Baumaschinen und sonstige für die Bauarbeiten benötigten Geräte lediglich über das Nachbargrundstück transportiert werden dürfen, umfasst diese Befugnis nicht das Recht, dort auch Baumaschinen aufzustellen oder Baumaterialien zu lagern.
Eine Befugnis, Baumaschinen aufzustellen oder Baumaterialien zu lagern, enthalten nur die Landesvorschriften von
- Bayern,
- Hessen,
- Niedersachsen,
- Nordrhein-Westfalen,
- Saarland und
- Schleswig Holstein.
Nur Baumaschinen
In
- Baden-Württemberg,
- Berlin und
- Brandenburg
ist wiederum nur das Aufstellen von Baumaschinen und Baugeräten, nicht dagegen auch das Lagern von Baumaterial auf dem Nachbargrundstück erlaubt.
Baugrubenaushub
Zu dem in der Praxis wichtigen Fall des vorübergehenden Aushebens einer Baugrube über die Grundstücksgrenze hinweg auf das Nachbargrundstück im Zusammenhang mit der Errichtung einer Grenzwand und deren Isolierung, findet sich in den Landesvorschriften bedauerlicherweise keine klare Aussage. Hierzu könnte man jedenfalls für die Rechtslage in
- Berlin,
- Brandenburg,
- Niedersachsen,
- Nordrhein-Westfalen,
- Saarland,
- Sachsen-Anhalt und
- Schleswig-Holstein,
deren Landesvorschriften neben dem Betreten des Nachbargrundstücks auch dessen "Benutzung" gestatten, die Meinung vertreten, dass das Recht zur "Benutzung" des Nachbargrundstücks auch das Ausheben von Erdreich gestattet. Diese Auffassung wird aber von der Rechtsprechung nicht einhellig geteilt. Wenn es deshalb bei der Errichtung einer Grenzwand und deren Isolierung gegen Feuchtigkeit ohne Erdaushub auf dem Nachbargrundstück zu unlösbaren Problemen kommt, wird man insoweit eine Duldungspflicht des Nachbarn nach der Rechtsprechung aus den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nach § 242 BGB herleiten müssen.