8.7.1 Allgemeines
Ob und ggf. in welcher Höhe und Reichweite ein Insolvenzverwalter anstelle des Wohnungseigentümers schuldet, kann immer noch nicht als rechtlich vollständig geklärt betrachtet werden. Zu unterscheiden sind verschiedene Forderungsgruppen.
8.7.2 Hausgeld: Vor Eröffnung fällige Forderungen
Das gegenüber einem Wohnungseigentümer bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Hausgeld (Vorschuss und/oder Nachschuss) ist eine einfache Insolvenzforderung. Einfache Insolvenzforderungen sind nach § 38 InsO nämlich solche Verbindlichkeiten gegenüber persönlichen Gläubigern des Insolvenzschuldners, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Insolvenzschuldner haben. Nicht fällige Ansprüche gelten mit Insolvenzeröffnung als fällig. Vor Insolvenzeröffnung fällig gewordene/begründete und nicht beglichene Hausgeldvorschüsse sind damit gewöhnliche Insolvenzforderungen und nach Maßgabe der Vorschriften für das Insolvenzverfahren geltend zu machen.
Anmeldung zur Tabelle
Vor Insolvenzeröffnung begründete, noch nicht beglichene Vor- und/oder Nachschüsse muss die Verwaltung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zur Tabelle anmelden.
Ist bereits ein Rechtsstreit gegen den Insolvenzschuldner rechtshängig und wird dann das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen, ist der Rechtsstreit nach § 240 ZPO unterbrochen. Die Unterbrechung dauert so lange an, bis der Rechtsstreit entweder nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Trotz der Unterbrechung muss der Verwalter, sofern kein Vorgehen nach § 49 InsO in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in Betracht kommt, die Hausgeldansprüche zur Tabelle anmelden.
8.7.3 Nach Insolvenzeröffnung fällig werdende Vorschüsse
Nach Insolvenzeröffnung fällig werdende Vorschüsse sind Masseverbindlichkeiten und vom Insolvenzverwalter zu bedienen. Wenn der Insolvenzverwalter das laufende Hausgeld nicht erfüllt, kann ihn die GdWE auf Zahlung verklagen und aus einem Zahlungstitel in die Masse vollstrecken. Sofern die Voraussetzungen des § 90 InsO vorliegen, kann die GdWE auch aus der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG in das zur Masse gehörende Wohnungseigentum vollstrecken. Etwas anderes gilt nur im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, wenn der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit anzeigt oder wenn er das Wohnungseigentum freigibt. Die hier vorgeschlagene Verfallklausel führt zu einer Vorverlagerung des Fälligkeitszeitpunkts für das Hausgeld um ein ganzes Jahr. Ohne entsprechende Formulierung kann sich der Insolvenzverwalter ggf. darauf berufen, in dem ganzen Jahr keine Hausgelder als Masseverbindlichkeit befriedigen zu müssen.
8.7.4 Nachschüsse
Der Insolvenzverwalter schuldet den vollständigen Ausgleich des Nachschusses. Denn die Forderung auf Zahlung des Nachschusses entsteht erst mit dem Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG. Erst durch diesen Beschluss wird eine eigene selbstständige Zahlungspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer begründet. Ist der Nachschuss nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen worden, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit.
8.7.5 Sonderumlagen
Ein noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossener Vorschuss auf eine Sonderumlage – gleich welchen Zwecks – ist eine einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO. Sie ist zur Tabelle anzumelden.
Die anteilige Verpflichtung eines Wohnungseigentümers zur Zahlung einer nach Insolvenzeröffnung beschlossenen Sonderumlage, die den von ihm durch Hausgeldrückstand vor Insolvenzeröffnung verursachten Fehlbedarf der GdWE ausgleichen soll, ist auf dem Boden der Fälligkeitstheorie hingegen Masseverbindlichkeit. Denn der Beschluss begründet eine neue Schuld zusätzlich zum Rückstand. Es findet keine Umwandlung einer einfachen Insolvenzforderung in eine Masseverbindlichkeit statt.
Forderungsgruppen