Die Organisation der Hausgeldforderungen durch Beschlüsse und ihre außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung ist eine besondere Herausforderung für eine Verwaltung. Verfügt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, deren Organ die Verwaltung ist, nicht über ausreichende Mittel, die Forderungen Dritter, z. B. eines Energieversorgers oder der Verwaltung zu begleichen, kann es schnell kalt oder chaotisch werden.

Die Verwaltung muss daher immer im Blick haben, dass ausreichende Mittel nicht nur, aber vor allem für die Betriebs- und Verwaltungskosten vorhanden sind. Ferner sollte die Wohnungseigentumsanlage regemäßig im dafür notwendigen Umfang erhalten werden.

Energiekrise: Vorschüsse nachjustieren durch Sonderumlage

Ein Weg, für ausreichende Mittel in einer Wohnungseigentumsanlage zu sorgen, besteht darin, die Vorschüsse nicht zu gering zu bemessen. Es kann auch richtig sein, diese Vorschüsse im Laufe des Jahres durch eine Sonderumlage nachzujustieren, beispielsweise in Zeiten von Energieknappheit und steigenden Energiepreisen. Die Verwaltung muss daher immer die Vermögenssituation beobachten und rasch reagieren, wenn Engpässe drohen. In der Verwalterpraxis wurde und wird ggf. auch noch in solchen Lagen von Verwaltungen gern die Erhaltungsrücklage eingesetzt.[1] Dieser Weg ist ebenso bewährt wie – ist er nicht vorbereitet – nach der Rechtsprechung unzulässig.[2] Die von einem Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG auf die Erhaltungsrücklage gezahlten Mittel sind nach h. M. nämlich bereits mit dem Beschluss über die Vorschüsse zweckgewidmet und dürfen daher vom Verwalter ohne eine Bestimmung der Wohnungseigentümer mit ihrem Eingang auf dem für das Hausgeld bestimmten Konto nur für den Zweck "Erhaltung" eingesetzt werden.[3] Werden die Mittel ohne Erlaubnis zweckfremd eingesetzt, verhält sich der Verwalter pflichtwidrig und kann auf Schadensersatz haften. Will die Verwaltung die Mittel der Erhaltungsrücklage nutzen, müssen die Wohnungseigentümer das vereinbaren oder sie müssen es beschließen.

 

Musterbeschluss: Ermächtigung des Verwalters zu Rückgriff auf Erhaltungsrücklage bei einem Liquiditätsengpass

TOP XX: Ermächtigung zu Rückgriff auf Erhaltungsrücklage bei Liquiditätsengpass

  1. Der Verwalter wird für den Fall, dass das Gemeinschaftsvermögen nicht ausreicht, die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ______ [Name] zu bedienen, ermächtigt, einmalig [alternativ: zweimalig] Teile der Erhaltungsrücklage in Höhe von 3/12 der für das Jahr ___ [Angabe des Jahres] insgesamt geplanten Zuführung zur Bedienung von Betriebs- und Verwaltungskosten umzuwidmen.
  2. Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats ist unverzüglich in Schriftform über den konkreten Anlass und die Höhe der umgewidmeten Mittel zu informieren.
  3. Ist absehbar, dass die umgewidmeten Mittel nicht ausreichen, ist eine Versammlung einzuberufen; deren Gegenstand sind die Information über die Vermögenslage und Mittel, einer Illiquidität entgegenzutreten. Ferner ist zu klären, wie die Erhaltungsrücklage wieder aufgefüllt wird.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

______________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

Misslich ist die Verwendung der Mittel der Erhaltungsrücklage in jedem Fall. Da die Mittel für die Erhaltung angesammelt und als notwendig angesehen worden waren, sind sie der Erhaltungsrücklage wieder zuzuführen.[4] Die Erhaltungsrücklage ist damit immer nur ein Weg zur Zwischenfinanzierung. Besser ist daher ein Weg, der eine (Wieder-)Auffüllung der Erhaltungsrücklage vermeidet.

Liquiditätsrücklage

Weiter ist es möglich, für Notzeiten als Rücklage i. S. v. § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG eine Liquiditätsrücklage anzusammeln. Diese hat den Zweck, dass der Verwalter jederzeit in der Lage ist, Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auszugleichen oder aus anderen Gründen plötzlich auftretende Engpässe zu bedienen. Die Höhe sollte ca. 20 % des normalen Wirtschaftsplanvolumens erreichen.

 

Musterbeschluss: Ansammlung einer Liquiditätsrücklage

TOP XX: Ansammlung einer Liquiditätsrücklage

  1. Die Wohnungseigentümer beschließen die Bildung einer Liquiditätsrücklage. Diese dient allein dem Zweck, Liquiditätsengpässen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ______ [Name] zu begegnen und soll die Erhebung einer Sonderumlage, einen Rückgriff auf die Erhaltungsrücklage, einen Kredit oder andere Wege zur Mittelaufbringung unnötig machen.
  2. Die auf die Liquiditätsrücklage zu entrichtenden Beiträge sind in den jeweiligen Wirtschaftsplan einzustellen.
  3. Die Liquiditätsrücklage soll ______ EUR erreichen.
  4. Für die Ansammlung eines Sockelbetrags sollen im Wirtschaftsplan für das Jahr ______ [ggf. mehrere Jahre] keine Mittel für die Erhaltung erhoben werden. Stattdessen sollen in gleicher Höhe nach dem geltenden Umlageschlüssel für Hausgelder Mittel für die Liquiditätsrücklage erhoben werden. Zusätzlich sollen in Höhe von ______ EUR Mittel der Erhaltungsrücklage...

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