1.4.1 Überblick

Der Verwalter ist nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG befugt, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu vertreten. Ob er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch vertreten darf – diese Frage stellt sich nur im Verhältnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zum Verwalter – ist nach § 27 Abs. 1, Abs. 2 WEG zu beantworten.

In der Regel wird jeder Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG berechtigt sein, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen säumigen Hausgeldschuldner im Erkenntnisverfahren vorzugehen.[1] Zu diesem Zweck wird der Verwalter auch einen Rechtsanwalt mit der Anspruchsdurchsetzung beauftragen können.[2]

Ausnahmsweise kann die gerichtliche Durchsetzung aber auch einen Beschluss der Wohnungseigentümer erfordern.[3] So kann durch die Höhe der rückständigen Hausgelder und der damit verbunden Gerichts- und Anwaltskosten die Schwelle der erheblichen Verpflichtungen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG überschritten werden.[4] In diesem Falle bedarf der Verwalter einer Ermächtigung. Diese kann vereinbart oder beschlossen werden.[5]

Ob der Verwalter nach einer Ermächtigung anstelle der Wohnungseigentümer auch entscheiden darf, dass, wann, wo und durch wen geklagt wird, hängt von dem Umfang seiner Ermächtigung und der Frage ab, inwieweit die Verwaltungskompetenz insoweit verlagert werden kann.

[1] Schultzky, ZWE 2021, S. 62 (65); BT-Drs. 19/18791 S. 75.
[2] Schultzky, ZWE 2021, S. 62 (65).
[3] Schultzky, ZWE 2021, S. 62 (65), BT-Drs. 19/22634 S. 47.
[4] Schultzky, ZWE 2021, S. 62 (65).
[5] Zum Verwaltervertrag siehe Kap. 1.4.3.

1.4.2 Beschluss oder Vereinbarung

Eine Ermächtigung kann nach § 27 Abs. 2 WEG durch Beschluss oder Vereinbarung ausgesprochen werden.[1] Soll der Verwalter durch Beschluss ermächtigt werden, hat er zu beachten, dass von einer ihm oder einem anderen Vertreter des Hausgeldschuldners übertragenen Stimmrechtsvollmacht kein Gebrauch gemacht werden darf. Das für den Hausgeldschuldner selbst geltende Stimmverbot des § 25 Abs. 4 WEG trifft auch den Stimmrechtsvertreter.[2]

Eine Vereinbarung, nach welcher der Verwalter zur gerichtlichen Beitreibung ermächtigt ist, gilt in der Regel nicht nur für den ersten Verwalter, sondern für den jeweils aktuellen Verwalter.[3]

 

Musterbeschluss: Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Beitreibung von Hausgeld[4]

TOP XX: Ermächtigung des Verwalters

  1. Der jeweilige Verwalter wird ermächtigt, unter folgenden Bedingungen ______________ [genaue Aufzählung der Bedingungen, die eingetreten sein müssen, bevor geklagt wird] im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ___________ [Name gemäß § 9a Abs. 1 Satz 3 WEG] gegen jeden säumigen Wohnungseigentümer erst- und zweitinstanzlich gerichtlich Hausgeldverfahren (vor allem Vor- und Nachschüsse) zu führen oder im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ___________ [Name gemäß § 9a Abs. 1 Satz 3 WEG] Rechtsanwalt ___________ [Name, Adresse] mit der Durchführung zu beauftragen.
  2. Führt der Verwalter das Verfahren selbst, soll er dafür ein Sonderentgelt in Höhe der Gebühren eines Rechtsanwaltes nach dem RVG erhalten. Der Verwaltervertrag soll entsprechend ergänzt werden. Wohnungseigentümer ___________ wird ermächtigt, dem Verwalter namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein entsprechendes Angebot zu machen.
  3. Führt ein Rechtsanwalt das Verfahren, erhält der Verwalter ein Sonderentgelt für die Zuarbeit, Unterlagenzusammenstellung, Führung von Schriftverkehr, Anfertigung von Kopien, Wahrnehmung von Besprechungen und/oder gerichtlichen Terminen nach Zeitaufwand, mindestens ____ EUR zuzüglich Schreib-, Kopier- und Portoauslagen. Das jeweilige Sonderentgelt hat der Säumige zu tragen. Der Verwaltervertrag soll entsprechend ergänzt werden. Wohnungseigentümer ___________ wird ermächtigt, dem Verwalter namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein entsprechendes Angebot zu machen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

______________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

Auch der Beschluss "Die Verwaltung wird ermächtigt und beauftragt, im Falle der Nichtzahlung von Nachzahlungen auf Hausgelder unverzüglich einen Rechtsanwalt mit dem Einzug des Rückstandes zu beauftragen" soll einen Ermächtigungsbeschluss zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung darstellen. Ein Beschluss, die entsprechenden Ansprüche geltend zu machen, sei dahingehend auszulegen, dass er auch die gerichtliche Geltendmachung umfasst.[5]

[2] AG Oranienburg, Urteil v. 20.2.2018, 21 C 307/17, ZWE 2018 S. 414.
[4] Beispiel eines kombinierten Beschlusses nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, § 21 Abs. 7 WEG. Siehe auch Bruns, ZWE 2018, S. 433, 436.
[5] LG Aurich, Urteil v. 3.3.2017, 4 S 226/16.

1.4.3 Verwaltervertrag

Zu Ermächtigungen zur Führung des gerichtlichen Mahnverfahrens im Verwaltervertrag siehe näher dort.[1]

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