4.1 Gesetzliche Vorgaben

Rechte aus dem Sondereigentum

Nach § 13 Abs. 1 WEG kann jeder Eigentümer mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, soweit nicht Rechte Dritter entgegenstehen. Das Gesetz lässt großzügig die Nutzung des Sondereigentums zu. Die Grenzen ergeben sich erst, wenn durch die Nutzung die Rechte eines anderen Eigentümers verletzt werden. Hier wird vom Gesetz die problematische Nahtstelle für das Zusammentreffen unterschiedlicher Interessen berührt, die es durch die Hausordnung zu regeln gilt.

Rechte aus dem Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums

Nach § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG ist jeder Eigentümer zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt. Da allen Eigentümern der Mitgebrauch den Gemeinschaftseigentums möglich ist, kann es zu Auseinandersetzungen zwischen den Wohnungseigentümern insbesondere dann kommen, wenn nur eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten bestehen oder auch die Größe eines gemeinschaftlichen Raums oder einer gemeinschaftlichen Fläche begrenzt ist und daher nicht einer gleichzeitigen Nutzung aller Wohnungseigentümer zur Verfügung steht.

 
Praxis-Beispiel

Mangel an Stellplätzen

Der Hof einer Wohnanlage eignet sich möglicherweise für das Abstellen von bis zu 5 Autos. Wenn es aber mehr als 5 Eigentümer in der Anlage gibt oder diese mehr als 5 Autos haben, kann nicht jeder Eigentümer den Hof mitgebrauchen. Sollte ggf. ein Wohnungseigentümer 2 Autos besitzen und mit diesen 2 Stellplätze belegen, sind streitige Auseinandersetzungen vorprogrammiert. Die Nutzung der Hoffläche kann und sollte daher durch eine Hausordnung, wenn auch nur als Stellplatzordnung, geregelt werden.

Pflichten der Miteigentümer

  • Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten.
  • Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG ist er gegenüber den anderen Wohnungseigentümern verpflichtet, deren Sondereigentum nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus zu beeinträchtigen. Dies ist eine abstrakte gesetzliche Regelung zur Hausordnung. Diese Vorschrift beinhaltet die Erkenntnis des Gesetzgebers, dass es auch bei einem geordneten Zusammenleben immer ein unvermeidliches Maß an Nachteilen gibt, das hingenommen werden muss. Hier wird die Toleranz der Eigentümer angesprochen, ohne die ein Zusammenleben in einer Eigentümergemeinschaft schlicht nicht vorstellbar ist. Nur dann liegt eine Störung im Sinne des Gesetzes vor, wenn das unvermeidliche Maß überschritten wird. Es wird erwartet, dass es keine Überschreitung dieser Grenze gibt. Die gesetzliche Vorgabe kann in der von den Eigentümern geschaffenen Hausordnung präzisiert und ausformuliert werden.
  • Ungeschrieben ist jeder Wohnungseigentümer auch dann für die Einhaltung der vorbeschriebenen Pflichten verantwortlich, wenn er sein Sondereigentum samt Miteigentumsgebrauchsrecht an Personen entgeltlich oder unentgeltlich überlässt. Er übernimmt eine gewisse Garantenstellung und hat dafür Sorge zu tragen, dass auch die Personen, die das Nutzungsrecht von ihm erhalten haben, die anderen Bewohner des Hauses nicht über das unvermeidliche Maß hinaus stören.
  • Nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer das Betreten sowie Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und auf das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, wenn der Eingriff auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung oder eines Beschlusses beruht. Auch hat er das Betreten sowie Einwirkungen auf sein Sondereigentum dann zu dulden, wenn ihm kein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil entsteht. Entsprechend verpflichtet § 14 Abs. 2 WEG jeden Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Wohnungseigentümern deren Sondereigentum nicht über dieses Maß hinaus zu beeinträchtigen und solche Einwirkungen zu dulden, die eben dieses Maß nicht übersteigen. Einwirkungen können unterschiedliche Ursachen haben: Kochgerüche und Geräusche, Erschütterungen durch notwendige Baumaßnahmen oder gelegentliches Trampeln durch Kinder – jeweils im zumutbaren Umfang. Auch hier wird Toleranz gefordert. Die Eigentümer sind verpflichtet, zu dulden, dass andere Eigentümer ihre Rechte ausüben. Das Gesetz regelt insoweit vorhersehbare Kollisionen individueller Rechte.
  • Nach § 19 Abs. 1 WEG können die Eigentümer den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums vorrangig durch Vereinbarung, nachrangig durch einen Mehrheitsbeschluss regeln. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG kann eine Gebrauchsregelung sogar eingefordert werden. Diese muss dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen in der Gemeinschaft entsprechen. Wenn es keine geregelten Vorgaben gibt, muss sich eine derartige Gebrauchsregelung am Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen orientieren.

4.2 Ermessen der Wohnungseigentümer

Die Wohnungseigentümer haben bei der Erstellung der Hausordnung ein aus ihrer Verwaltungsautonomie entspringendes Ermessen betreffend Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Regelung. Dieses ...

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