Alexander C. Blankenstein
6.1 Tierhaltung
Verbot der Tierhaltung
Ein generelles Haustierhaltungsverbot kann nicht beschlossen werden, es bedarf vielmehr einer entsprechenden Vereinbarung. Allerdings kann durch einen unangefochtenen Mehrheitsbeschluss die Hundehaltung in einer Wohnanlage generell verboten werden, obwohl es auch hierfür einer Vereinbarung bedarf. § 19 Abs. 1 WEG verleiht den Wohnungseigentümern die erforderliche Beschlusskompetenz für Nutzungsregelungen auch hinsichtlich des Sondereigentums. Wird ein derartiger Beschluss nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 45 Satz 1 WEG angefochten und somit bestandskräftig, bindet er die Wohnungseigentümer und deren Rechtsnachfolger.
Durch einen solchen Beschluss wird die Nutzungsfreiheit des Sondereigentums durch einen Wohnungseigentümer in zulässiger Weise eingeschränkt. Der Beschluss ist nicht sittenwidrig und stellt auch keinen Eingriff in den Kernbereich des Wohnungseigentums dar. Insbesondere lassen sich Beeinträchtigungen von Mitbewohnern bei einer Hundehaltung in der Eigentumswohnung, etwa durch Gebell oder Verschmutzung von Gemeinschaftseinrichtungen, niemals völlig ausschließen. Deswegen ist es weder willkürlich noch sachfremd, einen generellen Maßstab anzulegen und nicht auf eine konkrete Belästigung im Einzelfall abzustellen. Auch ein Beschluss, der die Hunde- und Katzenhaltung mit Ausnahme der bereits vorhandenen Tiere in einer Wohnanlage generell verbietet, ist nicht nichtig.
Durchsetzung eines Tierhaltungsverbots
- Die Durchsetzung des Hundehaltungsverbots kann ausnahmsweise im Einzelfall unzulässig sein, wenn es dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspricht. Kommt einem verbotswidrig gehaltenen Hund die Rolle zu, das allgemeine seelische Gleichgewicht des Eigentümers zu stabilisieren, weil dieser wegen einer Behinderung weniger Sozialkontakte hat, oder dient er als Blindenhund, käme die Durchsetzung des Hundeverbots einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gleich, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.
- Die gerichtliche Durchsetzung des Verbots ist nicht möglich, wenn eine Beschwer fehlt. Bei einem gültigen Tierhaltungsverbot kann deswegen von einem Eigentümer nicht verlangt werden, sein Aquarium, besetzt mit Fischen, aufzugeben.
- Die Eigentümer können die Beseitigung eines störenden oder beschlusswidrig gehaltenen Tiers nicht durch einen Beschluss einfordern. Der Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig. Die Eigentümer können allerdings beschließen, einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch eines Eigentümers auf Grundlage einer z. B. bestehenden Vereinbarung oder nach § 1004 BGB gemeinschaftlich durchzusetzen.
Generelles Tierhaltungsverbot
Ob der Beschluss über ein generelles Tierhaltungsverbot nichtig oder nur anfechtbar ist, wird unterschiedlich beurteilt, wobei die herrschende Meinung von einer Nichtigkeit ausgeht. Selbst wenn man ihn lediglich für anfechtbar halten sollte, wären wohl aber keine Tiere von einem derartigen Verbot umfasst, von denen keinerlei Störungen ausgehen können, wie etwa Zierfische. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann und sollte ein Beschluss der Eigentümer über ein generelles Tierhaltungsverbot angefochten und die Feststellung der Nichtigkeit dieses Verbots beantragt werden. Der BGH hat für das Mietrecht geklärt, dass ein formularmäßig angeordnetes Verbot der Tierhaltung im Mietvertrag unwirksam ist: Es ist "(…) für einen derartigen schrankenlosen Erlaubnisvorbehalt kein berechtigtes Interesse des Vermieters erkennbar und eine entsprechende Formularklausel wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam (…)". Diese Argumente lassen sich nicht unmittelbar auf einen Beschluss der Eigentümer anwenden, weil es an einem Vertrag zwischen 2 Parteien fehlt und die Regeln für allgemeine Geschäftsbedingungen auf Beschlüsse der Eigentümer nicht anwendbar sind. Allerdings sind die Überlegungen des Gerichts in einem Beschlussanfechtungsverfahren Erfolg versprechend einzubringen: "(…) Dem Mieter ist die Haltung von Hunden (und Katzen) selbst in besonderen Härtefällen (etwa bei einem Angewiesensein auf einen Blinden-, Behindertenbegleit- oder Therapiehund) untersagt. Weiter ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung des Mieters auch daraus, dass das Hunde- und Katzenhaltungsverbot uneingeschränkt sogar in den Fällen gilt, in denen aufseiten des Vermieters kein berechtigtes Interesse an einem solchen Verbot erkennbar ist, etwa weil von den gehaltenen Tieren keine Beeinträchtigungen der Mietsache und keine Störungen anderer Hausbewohner oder sonstiger Nachbarn ausgehen. (…)"
Würde im vorgenannten Zitat das Wort "Mieter" gegen "Eigentümer" ausgetauscht, entstehen für den anfechtenden Eigentümer schlagkräftige Argumente. Verbote als Gebrauchsregeln sind möglich, wenn sie als Ziel die Unterlassung oder Beseitigung von Störungen verfolgen.
Nach Anfechtung eines solchen Mehrheitsbeschlusses über ein partielles oder generelles Tierhaltungsverbot wird im Einzelfall zu prüf...