Viele Deutsche können sich den Traum vom Wohneigentum nicht mehr leisten, zumindest nicht in der Stadt. Laut einer Studie des Kreditvermittlers Interhyp treibt es wegen der hohen Preise immer mehr Städter ins ländliche Umfeld.
Die Preise für Wohnimmobilien in den Städten steigen seit Jahren, was zuletzt vermehrt zu Stadtflucht geführt hat. Mit dem Effekt, dass die Preise im Umland von Berlin, Frankfurt am Main und Hamburg im 1. Quartal 2022 noch sehr viel stärker gestiegen sind als in den Metropolen selbst. Zum Beispiel im Berliner Umland: Dort sind die Preise um mehr als 12 % in die Höhe geschossen, in der Stadt dagegen nur um 4 %, wie Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr berichtet.
Auch die Kreditzinsen sind in die Höhe geschossen. Bis Ende 2022 erwartet Interhyp einen weiteren Anstieg der Immobilienzinsen auf 3,5 bis 4 %. Derzeit liegt der Durchschnittszins für zehnjährige Darlehen bei 3,1 %, und damit laut Mohr mehr als dreimal so hoch wie zu Jahresbeginn. Da gleichzeitig auch die Baukosten gestiegen sind, können sich laut Interhyp viele Interessenten ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung gar nicht mehr leisten.
Nachfrage nach Finanzierungen zwar hoch, aber weniger Kreditzusagen
Die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen sei zwar weiterhin hoch, aber einige Interessenten hätten wegen beschränkter Mittel und zu hoher Kosten keine Kreditzusagen mehr erhalten. Rund ein Drittel der Menschen, die sich eine eigene Wohnimmobilie wünschen, traut sich nicht mehr zu, den Kauf finanziell stemmen zu können, heißt es in der Studie, für die Interhyp im Februar und März 2.180 Deutsche hat befragen lassen. Weniger Menschen als im Vorjahr geben an, einmal in den eigenen vier Wänden leben zu wollen (68 % versus 72 %).
Im vergangenen Jahr habe es auf dem Wohnimmobilienmarkt noch "Torschlusspanik" gegeben, sagte die Managerin bei der Vorstellung der neuen "Wohntraumstudie" des Unternehmens. Dieses Jahr hätten viele Interessenten ein ganz anderes Gefühl: "Ich habe den Zug verpasst."
"Stadt, Land, Frust": Die Dorfimmobilie als Notlösung
Mehr als die Hälfte (57 %) der Befragten will laut Umfrage am liebsten dörflich oder im Umland von größeren Städten leben. 30 % zieht es in die sog. Klein- oder Mittelstädte – lediglich 13 % in die Großstadt. Wichtigstes Motiv für den Umzug sind die günstigeren Wohnkosten und mehr Wohnfläche zum gleichen Preis. Ruhe, Entschleunigung, Unabhängigkeit und mehr Gestaltungsspielräume sind weitere Gründe. Viele Städter kaufen gezwungenermaßen Häuser oder Wohnungen im Dorf und sind nicht zufrieden damit. "Stadt, Land, Frust", nennt es Mohr. Ursache seien Einschränkungen bei den "drei Ks": soziale Kontakte, Kultur und Konsum.
Immerhin knapp die Hälfte (42 %) der Landimmobilien-Käufer hadert demnach zunächst mit ihrer Entscheidung, gewöhnt sich aber später ein. Etwas weniger schließen den Rückzug in die Stadt aber nicht aus. Ca. 6 % der befragten Menschen bereuen den Umzug aufs Land endgültig.
Favorit ist das Einfamilienhaus
Auf dem Land sind laut Interhyp vor allem Einfamilienhäuser nachgefragt – unabhängig von politischen und umweltpolitischen Debatten. Für mehr als zwei Drittel der Umfrageteilnehmer muss es das freistehende Gebäude sein. Auf den Plätzen 2 und 3 in der Beliebtheit folgen das Landhaus, ein Bauernhaus oder ein Hof (24 %) sowie für 21 % der Bungalow. Am häufigsten wünschen sich die Menschen eine Wohnfläche zwischen 100 und 150 Quadratmetern. Bei der Ausstattung denkt die Mehrheit in traditionellen Mustern. Die "3G", nämlich Garten (70 %), Garage (68 %) sowie Gäste-WC (67 %) stehen noch immer hoch im Kurs.
Energiesparen wird noch wichtiger
Energiesparen ist für potenzielle Immobilienkäufer ein wichtiges Thema. Wünschten sich bei der Umfrage 2021 noch 56 % der Deutschen eine energiesparende Isolierung oder ein Niedrigenergiehaus, ist der Wert 2022 bereits auf 62 % gestiegen. Auch eine Solaranlage wird immer häufiger gewünscht (53 % versus 44 % im Vorjahr). Die Kluft zwischen Wunsch und Realität ist hier laut Mohr aber groß: Am Ende hätten dann doch nur wenige Eigentümer einer energiesparende Isolierung am Haus (15 %) oder eine Solaranlage auf dem Dach (11 %).
Einen generellen Preisrückgang beim Wohneigentum in Deutschland erwartet Interhyp nicht. "Wir gehen davon aus, dass die Preise langsamer steigen werden", so Mohr. In einigen Regionen könne es zwar Preisrückgänge geben, aber nicht flächendeckend.