Ob und ggf. in welcher Höhe und Reichweite ein Insolvenzverwalter anstelle des Wohnungseigentümers schuldet, kann immer noch nicht als rechtlich vollständig geklärt betrachtet werden.[1] Zu unterscheiden sind verschiedene Forderungsgruppen.

[1] Ausführlich dazu Lüke, ZWE 2010, S. 62 ff. und Vallender, VIA 2010, S. 65 ff.

7.2.1 Hausgeld: Vor Eröffnung fällige Forderungen

Das gegenüber einem Wohnungseigentümer bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Hausgeld (Vorschuss und/oder Nachschuss) ist eine einfache Insolvenzforderung.[1] Einfache Insolvenzforderungen sind nach § 38 InsO nämlich solche Verbindlichkeiten gegenüber persönlichen Gläubigern des Insolvenzschuldners, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Insolvenzschuldner haben. Nicht fällige Ansprüche gelten mit Insolvenzeröffnung als fällig.[2] Vor Insolvenzeröffnung fällig gewordene/begründete und nicht beglichene Hausgeldvorschüsse sind damit gewöhnliche Insolvenzforderungen und nach Maßgabe der Vorschriften für das Insolvenzverfahren[3] geltend zu machen.[4]

 

Anmeldung zur Tabelle

Vor Insolvenzeröffnung begründete, noch nicht beglichene Vor- und/oder Nachschüsse muss der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zur Tabelle anmelden.[5]

Bei einem Bestreiten der Forderung durch den Insolvenzverwalter oder einen anderen Insolvenzgläubiger kann gegen den Bestreitenden eine Klage auf Feststellung der Forderung zur Tabelle nach § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 InsO erhoben werden. Zur Erhebung dieser Klage bedürfte der Verwalter einer Ermächtigung.

Ist bereits ein Rechtsstreit gegen den Insolvenzschuldner rechtshängig und wird dann das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen, ist der Rechtsstreit nach § 240 ZPO unterbrochen. Die Unterbrechung dauert so lange an, bis der Rechtsstreit entweder nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Trotz der Unterbrechung muss der Verwalter, sofern kein Vorgehen nach § 49 InsO in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in Betracht kommt[6], die Hausgeldansprüche zur Tabelle anmelden.[7]

[1] BGH, Urteil v. 21.7.2011, IX ZR 120/10, NZI 2011 S. 731, 732; BGH, Urteil v. 10.3.1994, IX ZR 98/93, NJW 1994 S. 1866, 1867; Bergerhoff in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, § 93 Rn. 23; Keller in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, Teil 5 Rn. 330.
[5] Bergerhoff in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, § 93 Rn. 24.
[7] Bergerhoff in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, § 93 Rn. 26.

7.2.2 Hausgeld: Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens fällig werdende Hausgelder

7.2.2.1 Laufendes Hausgeld

Nach Insolvenzeröffnung fällig werdende Vorschüsse sind Masseverbindlichkeiten[1] und vom Insolvenzverwalter zu bedienen.[2] Wenn der Insolvenzverwalter das laufende Hausgeld nicht erfüllt, kann ihn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Zahlung verklagen und aus einem Zahlungstitel in die Masse vollstrecken. Sofern die Voraussetzungen des § 90 InsO vorliegen, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch aus der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG in das zur Masse gehörende Wohnungseigentum vollstrecken.[3] Etwas anderes gilt nur im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, wenn der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit anzeigt oder wenn er das Wohnungseigentum freigibt.[4] Die hier vorgeschlagene Verfallklausel[5] führt zu einer Vorverlagerung des Fälligkeitszeitpunktes für das Hausgeld um ein ganzes Jahr. Ohne entsprechende Formulierung kann sich der Insolvenzverwalter ggf. darauf berufen, in dem ganzen Jahr keine Hausgelder als Masseverbindlichkeit befriedigen zu müssen.[6]

 

Musterschreiben: Anforderung des Hausgeldes beim Insolvenzverwalter durch den Verwalter

Frau/Herrn

__________________

[Name und Anschrift des Insolvenzverwalters]

__________________

WEG ____-Straße ./. ________

[Aktenzeichen, Name und Daten des Hausgeldschuldners, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist]

Sehr geehrte(r) Frau/Herr __________,

________ [Name des Schuldners] ist Eigentümer des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichtes _____ [Name und Ort] für _____ [Grundbuchbezirk] _____ Blatt _____ [Nummer] eingetragenen Wohnungseigentums. Ein aktueller beglaubigter Grundbuchauszug liegt bei.

Ich bin nach § 9b Abs. 1 Satz WEG ermächtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer _____ [Name] gegen Sie und für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Ansprüche geltend zu machen. Zur Glaubhaftmachung füge ich die Niederschrift vom _____/die Gemeinschaftsordnung bei, aus der Sie meine Bestellung entnehmen können.

Für das vom Schuldner gehaltene Wohnungseigentum fallen aufgrund des Beschlusses vom _____ über Vorschüsse zur Kostentragung und zu Rücklagen seit dem _____ monatlich _____ EUR Hausgeld an. Zur Glaubhaftmachung füge ich Ihnen eine Abschrift der Niederschrift der Eigentümerversammlung vom _____ b...

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