1 Leitsatz

Der Verzicht, Jahresabrechnungen korrigieren zu lassen, deren Genehmigungsbeschlüsse gerichtlich für ungültig erklärt sind, entspricht keiner ordnungsmäßigen Verwaltung.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 5 WEG a. F.

3 Das Problem

Die Beschlüsse, mit denen die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnungen 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. genehmigt hatten, werden jeweils wegen der Darstellung der Erhaltungsrücklage vom AG für ungültig erklärt. Im Februar 2021 beschließen die Wohnungseigentümer, dass diese Jahresabrechnungen dennoch nicht erneut erstellt werden sollen. Die bisherige Verwaltung wird außerdem von etwaigen Schadensersatzansprüchen freigestellt. Denn die Wohnungseigentümer sind der Auffassung, dass die jahrelangen Prozesse mit der Verwaltung nicht im Verhältnis zu den verlangten Veränderungen der Jahresabrechnungen stünden.

Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er ist der Ansicht, der Verzicht auf eine Berichtigung widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung.

4 Die Entscheidung

Das sieht das AG auch so! Der Verzicht auf die Berichtigung der Jahresabrechnungen und die Freistellung der Verwaltung von Schadensersatzansprüchen widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Denn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe nicht darlegen können, aus welchem Grund eine Korrektur der Jahresabrechnungen nicht möglich oder unwirtschaftlich sein solle.

Aus Sicht des Gerichts wäre es dem geordneten Zusammenleben der Gemeinschaft aber dienlich und würde dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechen, den Wohnungseigentümern korrigierte Jahresabrechnungen zur Abstimmung vorzulegen, die die Hinweise der Gerichte in den vergangenen Anfechtungsprozessen berücksichtigen würden.

Gleichzeitig sei nicht hinreichend nachvollziehbar, welche Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltung durch den Beschluss ausgeschlossen werden sollen und welche Konsequenz dies für den einzelnen Eigentümer haben soll. Die Gemeinschaft der Eigentümer könne das Klagerecht eines einzelnen Eigentümers durch gemeinsamen Beschluss nicht ausschließen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Die Wohnungseigentümer besitzen ein Selbstorganisationsrecht. Danach können sie namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber Dritten, aber auch gegenüber dem Verwalter, auf Ansprüche verzichten. Auf einem anderen Blatt steht, ob eine solche Entscheidung im Einzelfall ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Im Fall geht es vor diesem Hintergrund um die Frage, ob es richtig ist, den Verwalter von seiner Pflicht zu entbinden, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und damit den Wohnungseigentümern eine mangelfreie Jahresabrechnung vorzulegen.

Darstellung des Ermessens

Wenn eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dennoch verzichten will, muss sie ihre Gründe darlegen können. Hieran fehlt es in der Regel – und fehlte es im Fall. Es war weder erkennbar, warum die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keine ordnungsmäßige Erfüllung von der Verwaltung verlangen sollte, noch war erkennbar, warum man die Verwaltung insoweit schützen wollte.

6 Entscheidung

AG Wuppertal, Urteil v. 29.9.2021, 95b C 20/21

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