Leitsatz (amtlich)

1. Auch der, der zuvor Geschäftsführer gewesen ist und eine Versicherung nach § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG (Habilitätsversicherung) abgegeben hat, ist mit der Anmeldung seiner Bestellung zum Liquidator zur (erneuten) Abgabe einer entsprechenden Versicherung verpflichtet.

2. Die öffentliche Beglaubigung nach § 12 Abs. 1 S. 1 HGB kann durch eine ausländische Urkundsperson vorgenommen werden, wenn der Beurkundungsvorgang dem der Beglaubigung nach deutschem Recht gleichwertig ist. Dies setzt eine ausreichende Identitätsprüfung des Erklärenden voraus.

3. Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit kann das Gericht in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 3 ZPO von den Beteiligten eine Übersetzung einer eingereichten ausländischen Urkunde verlangen.

 

Normenkette

GmbHG § 6 Abs. 2, § 67 Abs. 3 S. 1; HGB § 12 Abs. 1 S. 1; ZPO § 142 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 17.01.2022; Aktenzeichen 84 HRB 201770)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte (nachfolgend auch nur: "Gesellschaft") ist seit dem Jahr 2019 im Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Als Geschäftsführer eingetragen ist Herr V ...

Am 31. Mai 2021 beschloss die Gesellschafterversammlung, die Gesellschaft aufzulösen und Herrn V ... als Liquidator zu bestellen. Ebenfalls am 31. Mai 2021 unterzeichnete Herr V ... eine notariell beglaubigte Anmeldung, in der die oben genannten Tatsachen zum Handelsregister angemeldet werden; die Anmeldung enthielt nicht die Versicherungen gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG (nachfolgend auch nur: "Habilitätsversicherung") ab.

Das Fehlen der Habilitätsversicherung beanstandete das Amtsgericht. Nachdem diese auch nach mehrfacher Erinnerung und fruchtlosem Verstreichen einer vom Amtsgericht gesetzten Frist nicht eingereicht worden war, wies das Amtsgericht die Anmeldung mit Beschluss vom 17. Januar 2022 zurück.

Gegen diesen Beschluss hat der Notar, der auch die Anmeldung beglaubigt und eingereicht hatte, unter dem 17. Februar 2022 Beschwerde eingelegt. Der Beschwerde beigefügt waren folgende Dokumente:

  • Eine die Habilitätsversicherung enthaltende Erklärung, die einen handschriftlichen Schriftzug zeigt, der ausweislich einer Unterschriftszeile von Herrn V ... angebracht wurde (nachfolgend auch nur: "Erklärung").
  • Ein Schriftstück, das wohl in türkischer Sprache verfasst ist und die Überschrift "IMZA BEYANNAMESI" trägt (nachfolgend auch nur "Dokument IMZA").
  • Ein Schriftstück, das die Überschrift "APOSTILLE (Convention de La Haye du 5 Octobre 1961)" trägt (nachfolgend auch nur: "Apostille").

Daraufhin hat das Amtsgericht die Beteiligte darauf hingewiesen, dass dem Zurückweisungsbeschluss nicht abgeholfen werden könne, da zum einen die eingereichte Versicherung des Liquidators zum Zeitpunkt der Einreichung "zu alt" gewesen und die Beglaubigung nicht in der Amtssprache Deutsch abgefasst gewesen sei. Nachdem die Beteiligte auf diese Hinweise nicht reagiert hatte, hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat die Beteiligte unter dem 03. Mai 2022 darauf hingewiesen, dass jedenfalls ohne türkische Sprachkenntnisse nicht zu erkennen sei, welche Person die Unterschrift unter der Erklärung vollzogen habe und - sofern es sich bei dem "Dokument IMZA" um eine Unterschriftsbeglaubigung handeln sollte, der Notar/die Urkundsperson eine Identitätsprüfung desjenigen, dessen Unterschrift beglaubigt werden soll, vorgenommen habe.

Auf diesen Hinweis hat die Beteiligte nicht reagiert.

Am 08. Juni 2022 hat der Senat gem. § 142 Abs. 3 ZPO analog in Verbindung mit § 27 Abs. 1 FamFG unter Bezugnahme auf den Hinweis vom 03. Mai 2022 der Beteiligten aufgegeben: Von dem als Anlage zu der Beschwerde vom 17. Februar 2022 eingereichten, mit "IMZA BEYANNAMESI" betitelten und mit der Nummer 25669 versehenen Dokument ist eine Übersetzung beizubringen, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Die hierfür vom Senat gesetzte Frist ist fruchtlos verstrichen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde der Beteiligten ist form- (vgl. § 64 Abs. 2 FamFG) und fristgerecht (vgl. § 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt. Die Beteiligte ist auch beschwerdebefugt, da die Anmeldung, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, auf eine Eintragung gerichtet ist, die die Beteiligte betrifft. Die Anmeldung bezieht sich zudem auf die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft, so dass angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Eintragungen auch der notwendige Beschwerwert nach § 61 Abs. 1 FamFG erreicht wird (vgl. zu dieser Frage etwa Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - 22 W 52/19 -, Rn....

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