Leitsatz (amtlich)
Durch die Festsetzung eines - vorgeblich - zu niedrigen Gebührenstreitwerts wird eine Partei auch dann nicht beschwert, wenn sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Vergütung statt nach gesetzlichen Gebühren nach Zeitaufwand vereinbart hat und sie eine höhere Beteiligung der erstattungspflichtigen gegnerischen Partei an der von ihr zu zahlenden vereinbarten Vergütung erstrebt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 30.11.2015; Aktenzeichen 90 O 57/15) |
Tenor
In dem Rechtsstreit .. ./. ...u.a. wird die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG vom 30.11.2015 verworfen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten Rückzahlung von Werbekostenvorschüssen. Die Beklagte zu 1 verlangt widerklagend die Erteilung einer korrigierten Abrechnung über den Getränkebezug.
Das LG hat den Streitwert mit dem angefochtenen Beschluss auf 21.771,81 EUR festgesetzt, wobei auf die Widerklage 3.600 EUR entfallen. Die Klägerin hat mit der rechtzeitig eingelegten Beschwerde beantragt, den Streitwert auf mindestens 36.343,62 EUR festzusetzen, wobei auf die Widerklage mindestens 18.171,81 EUR entfallen. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Zur Entscheidung ist das Kollegium des Senats in der Besetzung des § 122 I GVG berufen, da die Vorsitzende der Kammer für Handelssachen keine Einzelrichterin im Sinne von § 568 I 1 ZPO ist (BGH, B. v. 20.10.2003 - II ZB 27/02 -, juris Rn. 10).
Die gemäß § 68 I GKG statthafte Beschwerde ist im Übrigen unzulässig. Der Klägerin fehlt die erforderliche Beschwer. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 27.08.2015 - 23 W 20/15 - ausgeführt:
Der Senat neigt weiterhin dazu, das Rechtsmittel als unzulässig anzusehen. Gemäß § 32 Abs. 1 RVG ist die Festsetzung des Wertes für die Gerichtsgebühren maßgebend auch für die Gebühren des Rechtsanwalts. Ein solcher ist daher durch eine zu niedrige, eine Partei hingegen durch eine zu hohe Festsetzung beschwert. Hat die Partei dagegen mit ihrem Prozessbevollmächtigten, wie die Beklagte mangels Novenverbots in der Beschwerdeinstanz zulässig geltend macht, eine Honorarvereinbarung dergestalt geschlossen, dass ein Zeithonorar vereinbart wurde, gilt nichts anderes. Die Streitwertfestsetzung ist in einem solchen Fall nämlich für die Höhe des an den Prozessbevollmächtigten zu zahlenden Honorars gänzlich ohne Belang. Die Partei ist weder durch eine zu hohe noch durch eine zu niedrige Festsetzung beschwert, da das Honorar sich nicht nach dem Streitwert richtet, sondern nur nach dem von dem Prozessbevollmächtigten getätigten Zeitaufwand. Ihr bloß mittelbares Interesse, eine höhere Beteiligung der gegnerischen Partei an der Zahlung der ihrem Prozessbevollmächtigten geschuldeten Gebühren zu erreichen, mag - anders als für ihren Prozessbevollmächtigten - ein Rechtsschutzinteresse begründen. Eine Beschwer ergibt sich daraus jedoch nicht (ebenso OLG Köln, B. v. 18.10.2011 - 6 W 226/11 -, juris Rn. 2; a.A. OLG Frankfurt, B. v. 08.05.2012 - 1 W 26/12 -, juris Rn. 7).
Konnte der Senat diese Frage seinerzeit noch offen lassen, so beantwortet er sie nunmehr dahin, dass der Klägerin aus den genannten Gründen die erforderliche Beschwer fehlt (ebenso Hartmann, Kostengesetze 45. Aufl., GKG § 68, Rn. 5 m. w. N; Hess. VGH, B. v. 23.11.1964 - B II 68/64 -; OLG Neustadt, B. v. 20.04.1964 - 2 W 30/64 -; eingehend Schneider, JurBüro 1970, 278, 279; vgl. auch NK-GK/N. Schneider, § 68, Rn. 37). Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern (B. v. 15.01.2013 - 1 O 103/12 -, juris Rn. 4) dem entgegenhält, Bezugspunkt für das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses der obsiegenden Partei sei nicht eine möglichst hohe Streitwertfestsetzung, sondern eine sachlich zutreffende; ob die Vorstellung der Partei von der nach ihrer Auffassung richtigen Höhe des Streitwerts sachlich zutreffend sei, sei eine Frage der Begründetheit der Streitwertbeschwerde, vermengt es die Frage des Rechtsschutzinteresses mit der der Beschwer.
Das Rechtsmittel der Klägerin kann auch nicht in ein solches ihrer Prozessbevollmächtigten umgedeutet werden. Die Beschwerde wurde ausdrücklich namens und in Vollmacht der Klägerin eingelegt. Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts scheidet eine Umdeutung daher aus (BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 9 C 12.2433 -, juris Rn. 12). Der Senat hält es nicht für zulässig, zur Vermeidung des Ausspruchs der Unzulässigkeit des Rechtsmittels eine andere Person zum Rechtsmittelführer zu erklären, nur weil diese ein gleich gerichtetes Interesse verfolgen könnte (so aber OLG Stuttgart, B. v. 20.08.2012 - 14 W 8/12 -, juris Rn. 5).
Eine Zulassung der weiteren Beschwerde zwecks höchstrichterlicher Klärung der Rechtsfrage ist dem Senat gemäß §§ 68 I 5, 66 IV GKG verwehrt.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 68 III GKG gerichtsgebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Fundstellen
MDR 2016, 422 |
MDR 2016, 637 |
RVGreport 2016, 231 |
NJOZ 2016, 647 |