Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines eingeholten Privatgutachtens sowie der Vorbereitung des Privatsachverständigen auf einen anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung und seiner Anwesenheit zum Termin - abweichend von den allgemeinen Grundsätzen - bereits damit begründet werden, dass das schriftliche Gutachten und die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen der Partei als Mittel der Glaubhaftmachung ihres Vortrags dienen können.
2. Es fehlt jedoch an der Prozessbezogenheit des Aufwandes, wenn die Partei den Privatsachverständigen zur Vorbereitung des Termins mit einer Ortsbesichtigung beauftragt, um ergänzendem Vorbringen der Gegenseite umfassend zu begegnen, ohne dass die hierbei getroffenen Feststellungen des Sachverständigen Eingang in den Rechtsstreit finden.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 27.04.2005; Aktenzeichen 16 O 658/04) |
Tenor
In Änderung des angefochtenen Beschlusses und unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen werden die nach dem Beschluss des LG Berlin vom 25.1.2005 von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf - nur - 7.688,75 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.3.2005 festgesetzt.
Der weiter gehende Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegnerin vom 7.3.2005 wird zurückgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert 7.232,29 EUR haben die Antragstellerin 65 % und die Antragsgegnerin 35 % zu tragen.
Gründe
I.1. Mit dem am 4.11.2004 eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin, eine Bank mit Sitz in F., auf Unterlassung in Anspruch genommen. Dem lag der Vorwurf zugrunde, Mitarbeiter der Antragsgegnerin hätten in der Zeit vom 5.8. bis 3.10.2004 auf den Server der Antragstellerin zugegriffen und dort in großem Umfang urheberrechtlich geschützte Bilddateien der Stadtplankartographie heruntergeladen, was die Antragsgegnerin zugelassen habe. Durch den unberechtigten Download der nur im Rahmen des von der Antragstellerin betriebenen "Stadtplandienstes" zur Verfügung gestellten Daten sei sie in ihrem ausschließlichen Vervielfältigungsrecht verletzt worden.
Das LG Berlin hat mündliche Verhandlung auf den 7.12.2004 anberaumt. Auf Antrag der Antragsgegnerin wurde der Termin auf den 25.1.2005 verlegt.
Die Antragsgegnerin erwiderte auf den Antrag mit Schriftsatz vom 3.12.2004 und reichte mit Schriftsatz vom 7.12.2004 das Gutachten des Sachverständigen M vom 3.12.2004 (Anlage AG 3) zu den Akten. Sie rügte die örtliche Zuständigkeit des LG Berlin, da Handlungsort der behaupteten Rechtsverletzung ihr Sitz in F. sei. In der Sache nahm sie in "technischen Ausführungen" allgemein und zum Vorwurf des unberechtigten Download insb. Stellung, wobei sie sich zur Glaubhaftmachung auf das Gutachten des Sachverständigen M sowie eidesstattliche Versicherungen ihrer Mitarbeiter berief. Sie legte unter Anderem im Einzelnen dar, dass die von der Antragstellerin behaupteten Rechtsverletzungen durch die vorgelegten Logdateien nicht beweiskräftig dokumentiert seien, während andererseits der Zugriff der Mitarbeiter der Antragsgegerin auf das Internet über den firmeneigenen PC nur über Proxy-Server erfolgen könne und vollständig protokolliert werde, so dass die behauptete unrechtmäßige Nutzung aus den Protokollen nachvollzogen werden könnte, was aber nicht der Fall sei.
Die Antragstellerin entgegnete mit Schriftsatz vom 20.1.2005 unter Vorlage eines Gutachtens des Sachverständigen G. vom 20.1.2005 (ASt 25). Sie "konkretisierte" ihren Verfügungsantrag, der sich nunmehr auf behauptete Verletzungshandlungen in der Zeit vom 5.8. bis 30.9.2004 beschränkte. Im Termin am 25.1.2005 überreichte die Antragsgegnerin Schriftsätze vom 24. und 25.1.2005, in denen sie auf den Schriftsatz vom 20.1.2005 erwiderte und sich ggü. den technischen Ausführungen des Gutachtens G. unter Anderem auf "Sachverständigeneinvernahme im Termin" bezog. Die Antragstellerin nahm ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Durch Beschluss des LG Berlin vom 25.1.2005 wurden ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt.
2. Auf den Antrag der Antragsgegnerin hat die Rechtspflegerin mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.4.2005 die Kosten festgesetzt und dabei die angesetzten Gutachterkosten von 7.232,29 EUR in voller Höhe berücksichtigt. Die Kosten setzten sich aus den Rechnungen des Sachverständigen M. vom 6.12.2004 über 1.757,40 EUR für die Erstellung des Gutachtens vom 3.12.2004 (1,5 Tagespauschalen à 1.000 EUR) und vom 3.2.2005 über 5.474,89 EUR für einen Ortstermin beim Dienstleistungszentrum der Antragsgegnerin in Frankfurt (17,25 Stunden à 100 EUR inklusive Reisezeit und Reisekosten) sowie für den Gerichtstermin in Berlin am 25.1.2005 (21,5 Stunden à 100 EUR inklusive Reisezeit und Reisekosten), jeweils zzgl. Umsatzsteuer zusammen.
3. Mit der sofortigen Besch...