Normenkette

JVEG § 22; ZPO §§ 3, 91a, 511 Abs. 2, § 522 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28. Juni 2017 - 35 O 549/16 - wird bei einem Gegenstandswert von 210,00 Euro auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Die Beklagte zu 1) ist eine Publikums-Kommanditgesellschaft, welche durch die Beklagte zu 2) als ihre Komplementärin gesetzlich vertreten wird. Der Kläger ist als Kommanditist an der Beklagten zu 1) beteiligt.

Mit seiner bei dem Landgericht Berlin erhobenen Klage hat er beantragt, die Beklagten zu verurteilen, ihm eine vollständige Liste sämtlicher Kommanditisten der Beklagten zu 1) unter Angabe von deren vollständigen Namen oder Firmierung, der zuletzt bekannten Anschriften und der auf sie jeweils entfallenden Stimmrechte zu übersenden sowie ihm Einsicht in bestimmte Geschäftsunterlagen der Beklagten zu 1) zu gewähren. Bezüglich des zuletzt genannten Klageantrags haben die Parteien den Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Berlin die Beklagten hinsichtlich des nicht erledigten Teils des Rechtstreits antragsgemäß verurteilt. Soweit die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat es die Kosten des Rechtstreits ebenfalls den Beklagten auferlegt. Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren bereits in erster Instanz gestellten Klageabweisungsantrag weiter und wenden sich darüber hinaus auch gegen die Kostenentscheidung bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits.

II. Die Berufung der Beklagten war gemäß §§ 511 Abs. 2, 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels notwendige Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600 Euro nicht erreicht ist (1.), das Landgericht die Berufung nicht zugelassen hat und ihre Zulassung durch den Senat ebenfalls nicht veranlasst ist (2.). Schließlich hat das Rechtsmittel der Beklagten auch im Hinblick auf die Anfechtung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nach § 91a ZPO keinen Erfolg (3.).

1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beklagten übersteigt die in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO festgesetzte Schwelle von 600,00 Euro nicht. Der gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerdewert für das Rechtsmittel einer zur Auskunftserteilung verurteilten Partei bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 87; Beschluss vom 10. August 2005 - XII ZB 63/05, BGHZ 164, 63, 66; Beschluss vom 22. März 2010 - II ZR 75/09, WM 2010, 988 Rn. 2; Urteil vom 10. Februar 2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rn. 9; Beschluss vom 15. Juni 2011 - II ZB 20/10, WM 2011, 1335 Rn. 3; Beschluss vom 07. November 2017 - II ZB 4/17 -, WM 2018, 22 Rn. 3). Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es hingegen nicht auf sonstige nur mittelbare wirtschaftliche Interessen an, weshalb die Beschwer einer zur Auskunft verurteilen Partei auch nicht mit dem Interesse des Klägers an der Erteilung der Auskunft gleichzusetzen ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 3 Rn. 16 - Auskunft - m. w. N.).

Nachdem die Beklagten ein besonderes schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse weder darlegt noch glaubhaft gemacht haben, ist für den Wert der Beschwer allein auf den für die Erteilung der Auskunft notwendigen Kosten- und Zeitaufwand abzustellen. Den Zeitaufwand für die Erstellung der Gesellschafterliste mit den dazu gehörenden Angaben schätzt der Senat gemäß § 3 ZPO auf maximal zehn Stunden. Obwohl der Senat den Beklagten mit der Verfügung seines Vorsitzenden vom 12. Januar 2018 aufgegeben hat, den Wert ihrer Beschwer darzulegen und glaubhaft zu machen, haben sie über den Hinweis, dass sie neben der Erstellung einer bloßen Gesellschafterliste auch zur Mitteilung der jeweiligen Stimmrechte verurteilt worden seien, nichts Konkretes vorgetragen. Da die Stimmrechte der Gesellschafter für die durchzuführenden Gesellschafterversammlungen ohnehin ermittelt werden müssen und hierfür Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung zur Verfügung stehen, rechtfertigt dieser Einwand jedoch keine über einen Zeitaufwand von zehn Stunden hinausgehende Schätzung.

Dass für die Erstellung der Gesellschafterliste auf externes Hilfspersonal zurückgriffen werden müsste oder hierdurch sonstige Kosten in nennenswertem Umfang entstünden, haben die Beklagten ebenfalls weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Der eigene Zeitaufwand einer Partei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Anlehnung an die Bestimmungen des JVEG wie bei einem Zeugen zu bewerten (...

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