Leitsatz (amtlich)
Die Heilung eines Zustellungsmangels durch tatsächlichen Zugang nach § 189 ZPO erfordert nicht den Zugang des Schriftstücks im Original; daher tritt Heilung auch dann ein, wenn das Zustellungsobjekt zwar fehlerhaft der Partei statt ihrem Prozessbevollmächtigten übersandt wird, die Partei aber eine Kopie an ihren Prozessbevollmächtigten weiterleitet.
Auch bei Vermietung von Gewerberäumen in einem Einkaufszentrum gehört es - auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Konkurrenzschutzes - zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs, dass der Vermieter in unmittelbarer Nachbarschaft keinen Konkurrenzbetrieb zulässt oder selbst eröffnet.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 02.03.2005; Aktenzeichen 94 O 8/05) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 2.3.2005 verkündete Urteil des LG Berlin - 94 O 8/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
A. Die Antragsgegnerin ist Hauptmieterin von ca. 1972 m2 Verkaufsfläche im A.-Center in Berlin, einem Shopping Center mit ca. 36.500 m2 Verkaufsfläche und ca. 110 Geschäften, darunter verschiedenen Schuhfilialisten. Auf der von ihr gemieteten Fläche betreibt die Antragsgegnerin ein "SB-Warenhaus ohne Lebensmittel". Innerhalb dieses SB-Warenhauses vermietete eine Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, die ... AG, durch Untermietvertrag vom 20.10.1995 an die Antragstellerin eine Teilfläche von 320 m2 "zum Betrieb eines Schuhfachmarktes". Dieses Geschäft ist nicht separat von außen zugänglich. Es ist in die Verkaufsfläche der Antragsgegnerin integriert und nur durch eine Trockenbauwand abgetrennt und mit dem Namen "R." versehen. Der Hauptmietvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Vermieterin des A.-Centers schließt einen Sortimentsschutz aus. Der Untermietvertrag der Parteien enthält hierzu keine ausdrückliche Regelung.
Seit Sommer 2004 verhandelten die Parteien wegen einer Erweiterung der Verkaufsfläche der Antragstellerin innerhalb des SB-Warenhauses der Antragsgegnerin. In einem Schreiben vom 23.7.2004 wies die Antragstellerin u.a. darauf hin, dass sie eine Integration eines weiteren Schuhmarktes auf der der Antragsgegnerin verbleibenden Restfläche grundsätzlich ablehne. Am 3.12.2004 eröffnete die Antragsgegnerin innerhalb ihres SB-Warenhauses auf ca. 200 m2 einen eigenen Schuhverkauf für Damen- und Herrenschuhe.
Auf Antrag der Antragstellerin hat das LG der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung vom 16.12.2004 bei Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt, in ihren Geschäftsräumen im dritten Obergeschoss des Objektes A.-Center in Berlin Schuhe jeglicher Art zu verkaufen und/oder Werbung dafür zu betreiben.
In dem Beschluss sind auch die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aufgeführt. Die einstweilige Verfügung ist der Antragsgegnerin selbst am 22.12.2004 zugestellt worden.
Hiergegen hat sie durch ihre Verfahrensbevollmächtigten am 23.12.2004 Widerspruch eingelegt. Mir der angefochtenen Entscheidung hat das LG seine einstweilige Verfügung bestätigt.
B. Die Berufung der Antragsgegnerin war durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO vom 20.6.2005 verwiesen, in dem der Senat ausgeführt hat:
"I. Zu Recht geht das LG in der angefochtenen Entscheidung von einer Heilung des Zustellmangels gem. § 189 ZPO aus.
Die Antragsgegnerin trägt auf S. 6 ihrer Berufungsbegründung selbst vor, dass ihren Prozessbevollmächtigten eine Kopie der landgerichtlichen einstweiligen Verfügung vom 17.12.2004 am 23.12.2004 zugegangen ist. Dies reicht für eine Heilung gem. § 189 ZPO aus. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist hierfür nicht der Zugang des Original-Schriftstückes erforderlich.
In seiner Entscheidung vom 21.12.2004 hat der 5. Zivilsenat des KG (KG v. 21.12.2004 - 5 U 160/04, KGReport Berlin 2005, 131) zu dieser Frage ausgeführt:
"Voraussetzung des § 189 ZPO n.F. ist, dass das Zustellungsobjekt mit einem Zustellungswillen in den Rechtsverkehr gelangt und (schließlich) dem Empfänger tatsächlich zugeht (BGH v. 21.3.2001 - VIII ZR 244/00, MDR 2001, 889 = BGHReport 2001, 756 = NJW 2001, 1946 [1947]). Auch wenn die bloße Unterrichtung über den Inhalt nicht genügt (BGH NJW 1978, 1325; v. 13.4.1992 - II ZR 105/91, AG 1992, 265 = MDR 1992, 803 = NJW 1992, 2099 [2100]), so kommt § 189 ZPO in Betracht, wenn das Zustellungsobjekt zwar fehlerhaft an die Partei statt an ihren Prozessbevollmächtigten geht, die Partei aber eine Kopie an den Prozessbevollmächtigten weiterleitet (OLG Braunschweig v. 7.9.1995 - 2 U 42/95, NJW-RR 1996, 380; Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 187 Rz. 9 - Prozessbevollmächtigter)."
Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an (so auch OLG Karlsruhe v. 24.5.2004 - 19 U 36/04...