Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenspfleger neben dem anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers neben dem anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigen kommt nach § 67 Abs. 1 S. 6 nur in Ausnahmefällen in Betracht. Ein solcher kann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt zugleich die Interessen eines anderen Verfahrensbeteiligten wahrnimmt und deshalb ein Interessenkonflikt nicht auszuschließen ist.
2. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 67 FGG kann von dem Betroffenen grundsätzlich nicht angefochten werden (im Anschluss an BGH v. 25.6.2003 - XII ZB 169/99, BGHReport 2003, 1069 = FamRZ 2003, 1275). Ob etwas anderes gilt, wenn es an jeglicher verfahrensrechtlicher Grundlage für die Bestellung fehlt, wird offen gelassen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 05.01.2004; Aktenzeichen 87 T 562/03) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 52 XVII P 736) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die Beschwerde des Betroffenen ist unzulässig.
Das Rechtsmittel des Betroffenen richtet sich dagegen, dass ihm das LG gem. §§ 67 Abs. 1 S. 1, 69g Abs. 5 S. 1 FGG die Beteiligte zu 1) als Verfahrenspflegerin im Beschwerdeverfahren bestellt hat. Unabhängig davon, dass Maßnahmen des LG im Beschwerdeverfahren anders als Verfügungen des Gerichts erster Instanz nicht der Anfechtung nach § 19 FGG unterliegen (vgl. KG v. 25.4.1995 - 1 W 8186/94, KGReport Berlin 1995, 149 = FamRZ 1996, 357 mit Anm. von Bienwald), ist die Bestellung und Auswahl eines Verfahrenspflegers nach § 67 FGG für den Betroffenen unanfechtbar (vgl. KG v. 25.4.1995 - 1 W 8186/94, KGReport Berlin 1995, 149 = FamRZ 1996, 357; BayObLG v. 8.4.1993 - 3Z BR 51/93, BayObLGReport 1993, 53 = FamRZ 1993, 1106). Die Bestellung eines Verfahrenspflegers gem. § 67 FGG stellt keine den Rechtszug abschließende Entscheidung dar und soll nur den Fortgang des Verfahrens fördern. Sie greift auch nicht in so einschneidender Weise in die Rechte des Betroffenen ein, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten wäre. Diese vom Senat in ständiger Rechtsprechung vertretene Ansicht hat der BGH in einer auf Vorlage des OLG Köln (vgl. OLG Köln FamRZ 2000, 492) ergangenen Entscheidung ausdrücklich bestätigt (BGH v. 25.6.2003 - XII ZB 169/99, BGHReport 2003, 1069 = FamRZ 2003, 1275).
Ob die selbständige Anfechtbarkeit der Zwischenentscheidung in Ausnahmefällen zu bejahen wäre, wenn es an jeglicher verfahrensrechtlicher Grundlage für die Bestellung eines Verfahrenspflegers fehlt (vgl. Bienwald, zu BGH v. 25.6.2003 - XII ZB 169/99, BGHReport 2003, 1069 = FamRZ 2003, 1275 [1277] unter d.), kann offen bleiben. Dieser Fall ist nicht schon deswegen gegeben, weil die Betroffene im Beschwerdeverfahren von einem Rechtsanwalt vertreten wird und § 67 Abs. 1 S. 6 FGG bestimmt, dass die Bestellung in einem solchen Fall unterbleiben "soll". Zum einen zeigt die Vorschrift, dass in atypischen Fällen das Nebeneinander von Verfahrenspflegschaft und anwaltlicher Vertretung im Interesse des Betroffenen erforderlich sein kann (Keidel/Kayser, FGG, 15. Aufl., § 67 Rz. 16). Zum anderen entbehrt es nicht jeglicher gesetzlichen Grundlage, wenn das LG die Bestellung der Verfahrenspflegerin für erforderlich gehalten hat, weil Rechtsanwalt K. gleichzeitig die Interessen des Herrn B.P. wahrnehme, die nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht mit denjenigen der Betroffenen überstimmten. Diese Erwägung findet im Gesetz eine Stütze, da ein Rechtsanwalt nur dann als geeigneter Verfahrensbevollmächtigter i.S.v. § 67 Abs. 1 S. 6 FGG angesehen werden muss, wenn er die Interessen der Betroffenen wahrnehmen kann, ohne in Konflikt mit den gleichzeitig wahrzunehmenden Interessen eines anderen Beteiligten zu geraten.
Über den beim LG gestellten Antrag auf Akteneinsicht wird das LG zu entscheiden haben.
Die Entscheidung ergeht gem. § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 1156559 |
FamRZ 2004, 1593 |
FGPrax 2004, 117 |
KG-Report 2004, 344 |
www.judicialis.de 2004 |