Leitsatz (amtlich)
§ 335 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangt eine einheitliche Behandlung der Rechtsmittel als Berufung auch dann, wenn der Nebenkläger ausdrücklich Revision eingelegt und der Angeklagte sein Rechtsmittel nicht bezeichnet hat.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 28.08.2018; Aktenzeichen (216 Ls) 231 Js 3604/15 (42/16)) |
Tenor
1. Der Senat ist für die Entscheidung über das vom Nebenkläger Y eingelegte, als Revision bezeichnete Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 28. August 2018 nicht zuständig.
2. Die Sache wird an das zuständige Landgericht Berlin, Strafkammer 37 abgegeben.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen die im Beschlussrubrum bezeichneten Angeklagten durch Urteil vom 28. August 2018 wegen Landfriedensbruchs jeweils eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen verhängt. Hiergegen hat der Nebenkläger Y durch seinen Nebenklagevertreter mit Schriftsatz vom 30. August 2018, der am selben Tage bei Gericht einging, Berufung eingelegt. Der Angeklagte Z hat mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 4. September 2018 Rechtsmittel, bei Gericht am selben Tage eingegangen, eingelegt, das er im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht näher bezeichnet hat. Die schriftlichen Urteilsgründe wurden dem Verteidiger des Angeklagten A und dem Nebenkläger Y am 10. September 2018 zugestellt. Die Akten wurden am 1. Oktober 2018 dem Landgericht vorgelegt und das Berufungsverfahren wird dort unter dem Aktenzeichen (537) 231 Js 3604/15 Ls Ns (27, 28/18) geführt. Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2018, bei Gericht am 8. Oktober 2018 eingegangen, hat der Nebenklägervertreter sein als Berufung bezeichnetes Rechtsmittel geändert und erklärt, das Urteil des Amtsgerichts vom 28. August 2018 werde nunmehr mit der Revision angefochten. Zugleich hat er einen Revisionsantrag gestellt und diesen begründet. Er ist der Auffassung, die (Sprung-) Revision des Nebenklägers sei nur bezüglich des Angeklagten A als Berufung zu behandeln, im Übrigen aber weiterhin als Revision.
II.
1. Der Senat ist für die Entscheidung über das vom Nebenkläger Y eingelegte Rechtsmittel nicht zuständig, denn es ist als Berufung zu behandeln und demgemäß nach § 74 Abs. 3 GVG vor dem Landgericht Berlin durchzuführen. Das Verfahren wird an die bereits bestimmte Strafkammer zurückgereicht.
Das angegriffene Urteil unterliegt sowohl der Berufung als auch der Sprungrevision (§§ 312, 335 Abs. 1 StPO). Dem Nebenkläger stand daher als Beteiligtem grundsätzlich die Möglichkeit offen, innerhalb der Revisionsbegründungfrist nach § 345 Abs. 1 StPO von seinem ursprünglich als Berufung bezeichneten Rechtsmittel auf die Revision überzugehen (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 335 Rdn. 9).
Gleichwohl ist sein Rechtsmittel als Berufung zu behandeln. Nach § 335 Abs. 3 Satz 1 StPO ist eine eingelegte Revision als Berufung zu behandeln, wenn ein anderer Beteiligter seinerseits Berufung eingelegt hat. So liegt der Fall hier. Das vom Angeklagten A eingelegte Rechtsmittel hat dieser zwar nicht näher bezeichnet und nichts dazu vorgetragen, dass Rückschlüsse darauf zuließe, dass er es als Berufung oder Revision behandelt wissen will. Seinem Wesen nach war dieses unbestimmte form- und fristgerechte Rechtsmittel (§§ 314 Abs. 1, 335 Abs. 1, 341 Abs. 1 StPO) indes von Anfang als Berufung zu behandeln (vgl. BGHSt 33, 183 mwN; Senat, Beschluss vom 13. September 2018 - (3) 161 Ss 153/18 (27/18) -; KG, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 4 Ss 199/15 - beide juris; OLG Bamberg NStZ-RR 2018, 56; Franke in LR-StPO 26. Aufl., § 335 Rdn. 11 m.w.N.). Die vom Nebenkläger vertretene Auffassung, seine Revision sei nur in Bezug auf den Angeklagten A als Berufung zu behandeln, im Übrigen aber als Revision, hätte zur Folge, dass über ein und denselben Verfahrensgegenstand sowohl das Landgericht als Berufungsinstanz als auch das Kammergericht als Revisionsinstanz parallel zu entscheiden hätten. Eine derartige Konfusion des Instanzenzuges ist dem deutschen Strafprozessrecht fremd.
2. In entsprechender Anwendung des § 348 Abs. 1, Abs. 2 StPO (vgl. Senat, a.a.O. m.w.N.; BayObLG wistra 2001, 279 mwN) hatte sich der Senat für unzuständig zu erklären, das Landgericht Berlin als das für die Durchführung der Berufung des Nebenklägers zuständige Gericht zu bezeichnen und die Sache wird an die Strafkammer 37 abgegeben.
Der durch eine inakzeptable Polemik gefärbte Schriftsatz des Nebenklagevertreters vom 22. Februar 2019 liegt dem Senat vor, rechtfertigt aber keine abweichende Entscheidung.
Fundstellen
Haufe-Index 13025256 |
JZ 2020, 13 |
BerlAnwBl 2019, 264 |