Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anerkennung einer in Marokko ausgesprochenen Privatscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lässt sich im Verfahren nach Art. 7 FamRÄndG betreffend die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen das maßgebende Scheidungsrecht in Anwendung von Art. 17 Abs. 1 EGBGB mangels Anknüpfungsmomenten im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EGBGB nicht feststellen, so ist die Wirksamkeit der Scheidung nach deutschem Recht zu beurteilen.

2. Ist für die Scheidung deutsches Recht maßgebend, so ist eine im Ausland (hier: Marokko) vollzogene Privatscheidung nicht anerkennungsfähig.

 

Normenkette

EGBGB Art. 14, 17; FamRÄndG Art. 7

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Für das Verfahren vor dem KG wird eine Gebühr von 50 DM erhoben.)

 

Gründe

Der Antragsteller (Beteiligter zu 1)), ein in Quito/Ecuador lebender deutscher Staatsangehöriger, begehrt die Anerkennung der Scheidung seiner im Jahre 1992 in Sale/Marokko mit einer marokkanischen Staatsangehörigen geschlossenen Ehe. Der von ihm bevollmächtigte Vater der Ehefrau hatte am 8.4.1996 vor der Notariatsabteilung des Gerichts in Sale/Marokko namens des Beteiligten zu 1) erklärt, er verstoße die ebenfalls anwesende und die Scheidung begehrende Ehefrau. Das dortige Gerichtsnotariat hatte die Scheidung am selben Tage als ordnungsgemäß bestätigt und hierüber eine Urkunde erteilt.

Der Beteiligte zu 1) gab in seinem bei der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin (Beteiligte zu 2)) gestellten Anerkennungsantrag vom 22.3.1999 als jetzigen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten für sich Quito/Ecuador und für die Ehefrau Sale/Marokko an, als gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt des ausländischen Verfahrens für sich Bogotá/Kolumbien und für die Ehefrau Sale/Marokko; der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten vor der Ehescheidung sei Bogotá gewesen. Die Beteiligte zu 2) lehnte die Anerkennung ab, weil dem Antrag eine Privatscheidung zu Grunde liege, die nach dem anzuwendenden deutschen Scheidungsrecht nicht anzuerkennen sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich der beim KG gestellte Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung. Zur Frage, mit welchem Staat die Ehegatten gemeinsam am engsten verbunden waren und sind, führt der Beteiligte zu 1) im Wesentlichen an, gesellschaftliche Verbindungen seien nur in Marokko und Deutschland vorhanden gewesen; kulturelle Verbindung sei die gemeinsame Religion des islamischen Glaubens gewesen, zu dem er 1992 übergetreten sei. Aus beruflichen Gründen sei er von seiner Ehefrau 1992 bis 1996 getrennt gewesen und sie hätten nur 1992 in Berlin und 1996 in Bogotá für jeweils einen Monat zusammen gelebt.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 und 6 FamRÄndG zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beteiligte zu 2) hat unter Berücksichtigung der aktenkundigen Scheidungsunterlagen zutreffend festgestellt, dass Gegenstand des Anerkennungsverfahrens eine am 8.4.1996 in Marokko nach dem dortigen Recht ausgesprochene und durch das marokkanische Gerichtsnotariat lediglich beurkundete und registrierte Privatscheidung ist. Unter dieser Voraussetzung ist zwar über die Anerkennung der im Ausland ausgesprochenen Privatscheidung im Verfahren nach Artikel 7 § 1 FamRÄndG zu entscheiden (vgl. z.B. BGH v. 21.2.1990 – XII ZB 203/87, MDR 1990, 624 = NJW 1990, 2194; BayObLG v. 13.1.1994 – 3Z BR 66/93, BayObLGR 1994, 31 = NJW-RR 1994, 771; OLG Celle v. 11.8.1997 – 3465 I 212/97, FamRZ 1998, 757). Eine solche Privatscheidung kann jedoch nicht anerkannt werden, wenn auf die Scheidung nach Art. 17 EGBGB deutsches Recht anzuwenden ist, weil das deutsche Recht nur eine durch Gerichtsentscheidung herbeigeführte Ehescheidung kennt (BGH v. 21.2.1990 – XII ZB 203/87, MDR 1990, 624 = NJW 1990, 2194; BayObLG v. 13.1.1994 – 3Z BR 66/93, BayObLGR 1994, 31 = NJW-RR 1994, 771; OLG Celle v. 10.11.1997 – 3465 I 301/97, FamRZ 1998, 686 und OLG Celle v. 11.8.1997 – 3465 I 212/97, FamRZ 1998, 757; je m.w.N.). Hier ist nach deutschem internationalen Privatrecht auf die Scheidung der Ehegatten deutscher und marokkanischer Staatsangehörigkeit deutsches Recht anzuwenden, da sich Anknüpfungsmerkmale für die Anwendung des Scheidungsrechts eines anderen Staates nicht feststellen lassen, insbesondere nicht im Hinblick auf Marokko.

Nach Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliegt die Scheidung dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Weil die Privatscheidung eine Rechtshängigkeit nicht kennt, ist bei ihr statt dessen auf den Zeitpunkt der Scheidungserklärung abzustellen (vgl. BGH v. 21.2.1990 – XII ZB 203/87, MDR 1990, 624 = NJW 1990, 2194; BayObLG v. 13.1.1994 – 3Z BR 66/93, BayObLGR 1994, 31 = NJW-RR 1994, 771), sodass an die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse anzuknüpfen ist. Welchem Recht die allgemeinen Wirkungen der Ehe unte...

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