Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 52 O 19/18)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 28. Februar 2018 wird der Beschluss der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 8. Februar 2018 - 52 O 19/18 - teilweise geändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin, weitergehend untersagt,

1. die Bezeichnung "O ..." zu verwenden und/oder verwenden zu lassen,

2. das Präparat "O ..." mit der Angabe "mit hochaktiven Darmsymbionten" zu kennzeichnen und/oder kennzeichnen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,

3. das Präparat "O ..." mit der Angabe "wissenschaftlich geprüft" zu kennzeichnen und/oder kennzeichnen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,

jeweils sofern dies geschieht, wie in der nachfolgend eingeblendeten Anlage A 5 abgebildet:

((Abbildungen))

II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Antragsgegnerin zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat unter anderem beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt

1. die Bezeichnung "O ..." zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, sofern dies geschieht, wie in Anlage A 5 und Anlage A 6 abgebildet,

2. das Präparat "O ..." mit der Angabe "mit hochaktiven Darmsymbionten" zu kennzeichnen und/oder kennzeichnen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zulassen, sofern dies geschieht, wie in Anlage A 5 und Anlage A 6 abgebildet,

3. das Präparat "O ..." mit der Angabe "wissenschaftlich geprüft" zu kennzeichnen und/oder kennzeichnen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zulassen, sofern dies geschieht, wie in Anlage A 5 und A 6 abgebildet.

Mit Beschluss 8. Februar hat das Landgericht Berlin den Anträgen zu 1) und 2) stattgegeben, soweit diese auf die Anlage A 6 bezogen waren. Die Anträge zu 1) und 2), soweit diese auf die Anlage A 5 bezogen waren, sowie den Antrag zu 3) hat das Landgericht zurückgewiesen.

Gegen die Zurückweisung der Anträge zu 1), 2) und 3), soweit diese auf die Anlage A 5 bezogen sind, wendet der Antragsteller sich mit der sofortigen Beschwerde.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet.

1. Der Anspruch des Antragstellers auf Unterlassung, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt die Bezeichnung "O ..." zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, sofern dies geschieht, wie in Anlage A 5 abgebildet, ergibt sich aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, §§ 3, § 3a UWG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in Lebensmittel (im Folgenden: HCVO).

a) Bei der angegriffenen Werbung für das Nahrungsergänzungsmittel "O ..." handelt es sich um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO.

aa) "Gesundheitsbezogene Angabe" ist danach jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.

Für die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Beurteilung ist es nach Erwägungsgrund 16 Satz 3 HCVO entscheidend, in welchem Sinne der normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht. Es gilt dabei kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab. Nach ihm sind die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden gehalten, von ihrer eigenen Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszugehen, Erwägungsgrund 16 Satz 5 und 6 der HCVO. (vgl. BGH GRUR 2014, 500 - Praebiotik, Rn. 17; BGH GRUR 2014, 1013 - Original Bach-Blüten, Rn. 24)

bb) Aus Sicht dieses Verbrauchers vermitteln die beanstandeten Aussagen ausdrücklich einen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt "O ..." und Stressbekämpfung sowie Beiträgen zu einer normalen Funktion des Nervensystems, zu einer normalen psychischen Funktion und zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress.

Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt auch dann vor, wenn nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers, das naturgemäß auch durch Vorerwartungen und vorhandene Kenntnisse geprägt wird, ein Zusammenhang zwischen dem Nahrungsergänzungsmittel und dem Gesundheitszustand des Konsumenten suggeriert wird (vgl. BGH GRUR 2014, 500 - Praebiotik, Rn. 18).

Die Bezeichnung auf der in der Anlage A 5 wiedergegebenen Umverpackung des Nahrungsergänzungsmittels lautet: "O ...*....

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