Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Auseinandersetzungen
Leitsatz (amtlich)
Erhebt ein Betroffener massenhaft von vornherein aussichtslose Klagen, kann die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Auseinandersetzungen" in Betracht kommen. Ein solcher Einwilligungsvorbehalt kann geeignet sein, eine erhebliche Gefährdung des Vermögens eines Betroffenen abzuwenden, weil dessen Verfahrenshandlungen von vornherein unwirksam sind und gerichtliche Gebühren nicht entstehen oder erhoben werden, weil Anträge eines Prozessunfähigen keine Haftung begründen (Abgrenzung zu OLG Schleswig v. 12.1.2005 - 2 W 300/04, OLGReport Schleswig 2005, 350).
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem betreuungsrechtlichen Rechtsmittelverfahren setzt voraus, dass die Rechtsverfolgung genügende Aussicht auf Erfolg bietet. Besonderheiten des Betreuungsverfahrens erlauben insoweit keine abweichende Beurteilung.
Normenkette
BGB § 1903; GKG § 22; FGG § 14; ZPO § 114
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 06.01.2006; Aktenzeichen 83 T 183/05) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 53/0 XVII 246 Nz) |
Tenor
Die weitere und die sofortige weitere Beschwerde sowie der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Gründe
A.I. Die weitere Beschwerde, mit der sich der Betroffene gegen die Verlängerung der Betreuung unter Erweiterung der Aufgabenkreise wendet (dazu unten II.) ist zulässig. Dies gilt ebenso für die sofortige weitere Beschwerde, mit der sich der Betroffene gegen die Verlängerung und die Erweiterung des Einwilligungsvorbehalts wendet (dazu unten III.).
II. Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des LG beruht nicht auf der Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.
1. Das LG hat ausgeführt: Der Betroffene leide an einer paranoiden Psychose mit einem ausgedehnten systematisierten Wahn einschließlich Größenideen. Dies zeige sich konsequent in allen seinen Schriftsätzen, in denen er darauf poche, adeliger Abstammung zu sein und deswegen besondere Behandlung, insbesondere eine Apanage, beanspruchen zu können.
Wegen seiner Erkrankung könne er seine Angelegenheiten auf dem Gebiet der Vermögenssorge und der Wohnungsangelegenheiten nicht besorgen. Es sei deutlich, dass er sich insoweit nicht von den alltäglichen Notwendigkeiten, sondern von seinen Größenideen leiten lasse. Er glaube, ihm stünde wegen seiner "adeligen Abstammung" mehr als Sozialhilfe zu; die Bemühungen des Betreuers, sein Geld zusammenzuhalten, habe er unterlaufen und ihm zur Verfügung gestelltes Geld nicht zur Zahlung seiner Miete verwendet. Die Wohnung habe er gekündigt, weil sie ihm nicht "angemessen" erschienen sei, ohne jedoch für anderweitigen Wohnraum gesorgt zu haben.
Aufgrund unzähliger grundloser Schreiben an Behörden und vieler aussichtsloser Rechtsstreite sei die Betreuung auch im Hinblick auf den Bereich der Behördenangelegenheiten und gerichtlicher Auseinandersetzungen erforderlich.
Wegen des nicht an der Realität orientierten Verhaltens des Betroffenen bezüglich der vorgenannten Angelegenheiten, welches das Zurückweisen von Postsendungen umfasse, sei es auch nötig, dem Betreuer die Entgegennahme und das Öffnen der Post zu übertragen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Rechtsfehler, auf die die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO, enthält die angefochtene Entscheidung nicht.
Gemäß § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB bestellt das Vormundschaftsgericht für einen Volljährigen einen Betreuer, wenn dieser auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Ein Betreuer darf nur für die Angelegenheiten bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, d.h. in denen der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen (BayObLG v. 11.4.2001 - 3Z BR 83/01, BayObLGReport 2001, 60 = FamRZ 2001, 1244 f.). Die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, also ohne Antrag des Betroffenen und ohne oder gegen seinen Willen, setzt weiter voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen kann, § 1896 Abs. 1a BGB (vgl. Senat, Beschl. v. 26.4.2005 - 1 W 414/04, KGReport Berlin 2005, 709 = KG-Report Berlin 2005, 709; BayObLG v. 11.4.2001 - 3Z BR 83/01, BayObLGReport 2001, 60 = FamRZ 2001, 1244 f.; 2001, 1245 f.). Die Vorschriften über die Bestellung eines Betreuers gelten für die Erweiterung des Aufgabenkreises entsprechend, § 1908d Abs. 3 BGB.
Das LG ist in tatsächlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler und damit für den Senat bindend, vgl. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO, vom weiteren Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen mit der Folge, dass die bestehende Betreuung über den Ablauf der ursprünglich mit Beschluss des Vorm...