Leitsatz (amtlich)
Wer im Rahmen der gem. § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlichen Widerrufsbelehrung als Widerrufsfolgen die sich aus §§ 357, 346 BGB ergebenden Rückgewährs- und Herausgabeverpflichtungen benennt, handelt unlauter i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, wenn hierbei jeglicher Hinweis auf eine mögliche Haftung auf Wertersatz wegen Verschlechterung oder Untergangs der empfangenen Sache fehlt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 06.09.2007; Aktenzeichen 96 O 253/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 12.9.2007 wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 96 des LG Berlin vom 6.9.2007 - 96 O 253/07 - geändert:
Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern auf der Handelsplattform e.Speicherbausteine (RAM-Module) anzubieten oder zu verkaufen, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass der Verbraucher im Fall eines Widerrufs unter Umständen Wertersatzansprüchen ausgesetzt ist, wenn die Widerrufsware einen Wertverlust erlitten hat, der nicht auf eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zurückzuführen ist.
2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.400 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach den § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässig und begründet.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG und § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB.
1. Nach § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die dies nach Art. 240 EGBGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bestimmt ist.
Zu den danach erforderlichen Angaben zählen Informationen über die Rechtsfolgen des Widerrufs.
Der Antragsgegner nennt in seiner Widerrufsbelehrung als Widerrufsfolgen lediglich die Verpflichtungen, die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben und erfasst damit die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht vollständig, da jedenfalls Hinweise auf eine mögliche Haftung auf Wertersatz wegen einer Verschlechterung der Sache oder ihres Untergangs fehlen.
a) Die Rechtsfolgen des Widerrufs sind in § 357 BGB geregelt. Danach finden auf das Widerrufsrecht die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 357 Abs. 1 Satz 1 BGB).
aa) Die Regelungen über die Wirkungen des Rücktritts in § 346 BGB sehen unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Haftung auf Wertersatz vor. So ist statt der Rückgewähr nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich Wertersatz zu leisten, wenn der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist.
Von diesem Grundsatz enthält das Gesetz folgende Ausnahmen:
Eine Wertersatzpflicht entsteht dann nicht, wenn Ursache der Verschlechterung die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der empfangenen Sache war (§ 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB).
Die Wertersatzpflicht entfällt nach § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB im Fall des gesetzlichen Rücktrittsrechts, wenn die Verschlechterung oder der Untergang bei dem Empfänger der Leistung eingetreten ist, obwohl dieser die Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
bb) Demzufolge beschränken sich die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht darauf, dass der Verbraucher nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Leistungen herauszugeben hat.
Nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB ist statt der Rückgewähr Wertersatz zu leisten.
Dies gilt etwa dann, wenn der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat, ohne dass Ursache der Verschlechterung die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Gegenstandes war, und die Verschlechterung darauf zurückzuführen ist, dass der Verbraucher nicht die Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
cc) Der Standpunkt, den der Antragsgegner außergerichtlich in seinem Schreiben vom 21.8.2007 (Bl. 47 d.A.) geäußert hat, nach § 357 Abs. 3 BGB könne Wertersatz nur verlangt werden, wenn der Verbraucher vor Vertragsabschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, wie sie zu vermeiden ist, trifft nicht zu (vgl. OLG Köln, Urt. v. 3.8.2007 - 6 U 60/07, Rz. 46; Buschmann MMR 2007, 346, 352).
§ 357 Abs. 3 BGB beschränkt die Haftung des Verbrauchers auf Wertersatz im Fall des Widerrufs im Vergleich zum gesetzlichen Rücktrittsrecht nicht.
Das Gegenteil ist der Fall. Die Vorschriften des § 357 Abs. 3 BGB weichen zu Lasten des V...