Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 20 O 172/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.08.2020; Aktenzeichen III ZB 30/20)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 13.02.2019 - 20 O 172/15 - aufgehoben und der Antrag der Gläubigerin vom 05.11.2018, gegen die Schuldnerin ein Zwangsmittel festzusetzen, zurückgewiesen.

Die Gläubigerin hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über den Zugang zu einem Benutzerkonto des sogenannten sozialen Netzwerks, das die Beklagte betreibt. Die Gläubigerin hat beansprucht, Zugang zu dem bei der Schuldnerin unterhaltenen Konto "..." ihrer verstorbenen, minderjährigen Tochter ... und "den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten" zu erhalten. Sie ist neben deren Vater Mitglied der Erbengemeinschaft.

Mit Urteil vom 17.12.2015 hat das Landgericht die Schuldnerin verurteilt, der Erbengemeinschaft Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto der Erblasserin und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren.

Auf die Berufung der Schuldnerin hat der Senat mit Urteil vom 31.05.2017 das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Gläubigerin hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12.07.2018 das Urteil des Senats aufgehoben.

Die Schuldnerin hat am 30.08.2018 an die Gläubigerin einen USB-Stick übermittelt, der eine PDF-Datei mit mehr als 14.000 Seiten enthält, die nach den Angaben der Schuldnerin im Anschreiben eine Kopie der ausgelesenen Daten aus dem von der Verstorbenen geführten Konto bei der Schuldnerin enthält. Zwischen den Parteien ist streitig, inwieweit die auf dem USB-Stick enthaltenen Daten strukturiert angeordnet sind.

Auf Antrag der Gläubigerin vom 05.11.2018 hat das Landgericht mit Beschluss vom 13.02.2019 wegen Nichterfüllung der Verpflichtung aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 17.12.2015, der Erbengemeinschaft nach ... bestehend aus Frau ... und Herrn ... Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten der verstorbenen ... zu gewähren, ein Zwangsgeld gegen die Schuldnerin in Höhe von 10.000,00 EUR festgesetzt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Übergabe eines USB-Sticks keine Zugangsgewährung im Sinne der erfolgten Beurteilung sei. "Zugang gewähren" bedeute, dass die Schuldnerin das Erforderliche zu tun habe, damit es der Gläubigerin möglich sei, den Inhalt des Benutzerkontos so zur Kenntnis zu nehmen, wie es eine Person täte, die sich bei ihr mit ihrem Kennwort anmelden würde. Der Gläubigerin sei nicht nur Zugang zu den im Benutzerkonto vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren, sondern auch zu dem vollständigen Benutzerkonto. Dem könne die Schuldnerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie keinen Login-Zugang zum Account gewähren könne, bei dem die Gläubigerin lediglich Inhalte überprüfen, aber nicht die Funktion des Dienstes nutzen könne. Die Verurteilung gehe lediglich auf die Gewährung von Zugang und nicht auf die Ermöglichung der Nutzung des Accounts. Der Schuldnerin könne im Übrigen auch zugemutet werden, die technischen Möglichkeiten dafür zu schaffen, dass das Konto nicht weiter genutzt werden könne. Im Übrigen gehe es auch nicht darum, der Gläubigerin dauerhaft Zugang zu dem streitgegenständlichen Benutzerkonto zu verschaffen; ihr solle lediglich durch den Zugang - wie bei jeder anderen Einsichtnahme auch - in angemessener Zeit Kenntnis von Informationen in dem streitgegenständlichen Nutzerkonto gegeben werden. Entgegen der Auffassung der Schuldnerin könne auch nicht festgestellt werden, dass sich die Gläubigerin mit der Schuldnerin darüber geeinigt hätten, dass die Verpflichtung aus dem Urteil dadurch erfüllt werden könne, dass die Schuldnerin dem Gläubigervertreter einen Memory-Stick oder ein ähnliches Speichermedium übersende, das alle Information des Benutzerkontos enthalte. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf den angefochtenen Beschluss vom 13.02.2019 sowie auf den Beschluss über die Nichtabhilfe vom 01.04.2019 Bezug genommen.

Gegen den am 18.02.2019 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin am 04.03.2019 sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung trägt die Schuldnerin vor, das BGH-Urteil verlange keinen Login-Zugang. Auch der BGH gehe davon aus, dass er Tenor des Urteils des Landgerichts die Schuldnerin lediglich dazu verpflichte, die entsprechenden Inhalte der Gläubigerin zur Verfügung zu stellen, wie dies durch die Schuldnerin mit der Überlassung von nahezu 14.000 Seiten durchsuchbarer, nach Kategorien in chronologischer Form gegliederter Daten auf einem Memory-Stick erfolgt sei. Aus technischer Sicht sei die Schuldnerin nicht in der Lage, einen Zugriff auf ein Konto zu eröffnen, in dem die Gläubigerin lediglich Inhalte sehen könne, also Funktionen, wie etwa das "Posten" von Nachrichten, nicht nutzbar seien. Ein solcher Modus existiere nicht. Sel...

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