Leitsatz (amtlich)
Der Kostenbeamte ist aufgrund der Mitteilung der Justizkasse, dass eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint, ohne vorherige Überprüfung der von der Justizkasse unternommenen Maßnahmen befugt, die Gerichtskosten gegen den Zweitschuldner anzusetzen, sofern ihm keine der Annahme der Aussichtslosigkeit entgegenstehenden Tatsachen aus den Gerichtsakten oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind.
Normenkette
GKG § 58 Abs. 2 S. 1; KostVfg § 33
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 09.12.2002; Aktenzeichen 82 AR 107/02) |
LG Berlin (Aktenzeichen 32 O 820/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Aufgrund des Versäumnisurteils des LG Berlin vom 2.2.2001, durch das der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden, sind die nach Abzug des von der Klägerin geleisteten Vorschusses verbleibenden Gerichtskosten zunächst gegen die Beklagte festgesetzt worden. Nach einer Mitteilung der Justizkasse, dass eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Beklagten erfolglos geblieben ist, sind die restlichen Gerichtskosten abzgl. einer Zahlung der Beklagten – gegen die Klägerin als Zweitschuldnerin angesetzt worden. Auf die mit allgemeinen Erwägungen und der Behauptung, dass die Schuldnerin keinesfalls mittellos sei, begründete Erinnerung der Klägerin hat das LG den Kostenansatz aufgehoben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bezirksrevisorin als Vertreterin der Landeskasse Berlin, die sie unter Bezugnahme auf die von ihr beigefügte Kassenschrift der Justizkasse näher begründet hat. Demnach hatte vor der Inanspruchnahme der Klägerin ein Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen der Beklagten stattgefunden und diese bereits zuvor die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde ist gem. § 5 Abs. 2 GKG zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das LG hat den gegen die Klägerin gerichteten Kostenansatz der Kostenbeamtin des LG zu Unrecht auf deren Erinnerung hin aufgehoben. Die Klägerin ist als Antragstellerin der Instanz gem. § 49 S. 1 GKG Kostenschuldnerin der im Verfahren vor dem LG entstandenen allgemeinen Verfahrensgebühr gem. KV Nr. 1201 (Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG), die nach dem festgesetzten Streitwert von 87.944 DM mit 2.685 DM zutreffend berechnet worden ist. Entgegen der Auffassung des LG sind auch die Voraussetzungen gem. § 58 Abs. 2 S. 1 GKG für die Inanspruchnahme der Klägerin als Zweitschuldnerin für den sich nach Abzug des von ihr geleisteten Vorschusses von 1.985 DM und der von der Beklagten am 6.11.2001 geleisteten Zahlung von 108,73 DM ergebenden Restbetrag von (umgerechnet) 302,32 Euro gegeben.
1. Die Beklagte ist ebenfalls Kostenschuldnerin als Entscheidungsschuldnerin gem. § 54 Nr. 1 GKG aufgrund des Versäumnisurteils des LG vom 2.2.2001, durch das ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Gemäß § 58 Abs. 1 GKG hatten mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner. Nach § 58 Abs. 2 S. 1 GKG soll im Umfang der Haftung eines Kostenschuldners nach § 54 Nr. 1 oder 2 GKG die Haftung eines anderen nur geltend gemacht werden, wenn die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint.
a) Nach allgemeiner Auffassung genügt es zur Annahme der Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung i.S.d. 1. Alt. des § 58 Abs. 2 S. 1 GKG, wenn ein einmaliger Vollstreckungsversuch in bewegliches Vermögen des Schuldners gem. §§ 803–863 ZPO (körperliche Gegenstände oder Forderungen) stattgefunden hat und erfolglos geblieben ist. Mehrerer fruchtloser Vollstreckungsversuche bedarf es nicht. Auch ist nicht erforderlich, dass der Schuldner die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat (vgl. zu Vorstehendem OLG Schleswig SchlHA 1984, 167; OLG Oldenburg JurBüro 1992, 810; OLG Koblenz v. 12.1.2000 – 11 WF 726/99, MDR 2000, 976; Hartmann, KostG, 32. Aufl., GKG, § 58 Rz. 11; Markl/Meyer, GKG, 5. Aufl., § 158 Rz. 16, 20 f.; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Stand: März 2002, § 58 Rz. 9 f.).
b) Hinsichtlich der weiteren Voraussetzung der Inanspruchnahme des Zweitschuldners nach der 2. Alt. des § 58 Abs. 2 S. 1 GKG ist allgemein anerkannt, dass die Zwangsvollstreckung bereits dann im Sinne dieser Bestimmung aussichtslos erscheint, wenn mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu vermuten ist, dass mit einer raschen und sicheren – auch nur teilweisen Verwirklichung des Anspruchs der Justizkasse gegen den Schuldner nicht zu rechnen ist. Ein vorheriger erfolgloser Vollstreckungsversuch ist dazu ebenso wenig erforderlich wie die sichere Feststellung, dass die Vollstreckung aussichtslos ist (vgl. KG JurBüro 1979, 735 [737] = AnwBl. 1979, 433/435; Hartmann, KostG, 32. Aufl., GKG, § 58 Rz. 13; Markl/Meyer, GKG, 5. Aufl., § 58 Rz. 22 ff.; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Stand: März 2002, § 58 Rz. 11). Aussichtslosigkeit ist zu vermuten, wenn der Schuldner ber...