Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 7 O 4/19) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers und seiner im Termin vom 11. Mai 2020 vor dem Landgericht Berlin anwesenden Prozessbevollmächtigten gegen den in diesem Termin verkündeten Beschluss über die Geheimhaltungsverpflichtung nach § 174 Abs. 3 S. 1 GVG werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer je zur Hälfte.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 782,58 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenversicherung. Er greift mit seiner Klage die von der Beklagten durchgeführten Prämienanpassungen in den Tarifen X (Erhöhung zum 1. April 2018), XX (Erhöhung zum 1. Januar 2012 und zum 1. April 2016) und XXX (Erhöhung zum 1. April 2015) an und zwar unter anderem mit der Begründung, die materiellen Voraussetzungen für Prämienanpassungen hätten jeweils nicht vorgelegen. Die Beklagte bot zum Beweis der Tatsache, dass die Voraussetzungen für die Prämienanpassungen jeweils vorlagen, die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Hinzuziehung aller Unterlagen, so wie sie dem Treuhänder vor Erteilung der Zustimmungserklärungen vorgelegen haben, an. Sie reichte zunächst eine tabellarische Übersicht über diese Unterlagen ein (Anlage B 24) und machte geltend, es handele sich bei der Mehrheit der Unterlagen - entsprechend der in der rechten Spalte der Anlage B 24 ("Einstufung Geheimhaltung") vorgenommenen Einordnung - um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 172 Nr. 2 GVG. Sie beantragte, den auf Klägerseite in der mündlichen Verhandlung anwesenden Personen die Geheimhaltung der hierdurch bekannt gewordenen Informationen gemäß § 174 Abs. 3 GVG zur Pflicht zu machen. Erst nach Rechtskraft eines solchen Beschlusses dürften die in der Anlage B 24 bezeichneten Unterlagen an die Klägerseite übergeben werden.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2020, in der auf Klägerseite der Kläger selbst und aus der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten Frau Rechtsanwältin X anwesend waren, nach entsprechender Verhandlung durch Beschluss die Öffentlichkeit nach § 172 Nr. 2 GVG ausgeschlossen, weil damit zu rechnen sei, dass mit der Erörterung über Gegenstand und Inhalt der Unterlagen gemäß der Liste Anlage B 24 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zur Sprache kommen, durch deren öffentliche Erörterung überwiegende schutzwürdige Interessen der Beklagten verletzt würden.
Sodann hat das Landgericht in nichtöffentlicher Verhandlung, nachdem die Klägervertreterin Gelegenheit zur Einsicht in die Unterlagen erhalten hatte, folgenden Beschluss erlassen:
"Gem. § 174 Abs. 3 S. 1 GVG wird den bei der heutigen Verhandlung anwesenden Personen die Geheimhaltung der Tatsachen zur Pflicht gemacht, die ihnen durch die heutige Verhandlung und der darin von der Beklagtenvertreterin überreichten Unterlagen in dem Karton zu 7 O 4/19, soweit sie in der Liste Anlage B 24 als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet wurden, zur Kenntnis gelangen. Auf die Strafbewehrung eines Verstoßes gegen diese Anordnung gemäß § 353 d Nr. 2 StGB wird hingewiesen."
Das Protokoll der mündlichen Verhandlung ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers formlos übersandt worden. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2020, eingegangen beim Landgericht am selben Tage, haben der Kläger und Frau Rechtsanwältin X im eigenen Namen gegen "den Beschluss vom 11. Mai 2020" Beschwerde eingelegt. Sie sind der Ansicht, bei den von der Geheimhaltungsanordnung erfassten Unterlagen handele es sich allenfalls teilweise um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Sinne des § 172 Nr. 2 GVG. Soweit die Beklagte einen Großteil der Unterlagen bereits in anderen Rechtsstreitigkeiten ohne Geheimnisschutz eingereicht habe, habe sie jedenfalls zu erkennen gegeben, dass sie insoweit keinen Geheimhaltungswillen habe, was die Einordnung als Geschäftsgeheimnis ausschließe. Auch seien diejenigen Unterlagen, die nicht die der Prämienneukalkulation zugrundeliegenden technischen Berechnungsgrundlagen enthielten, von vornherein nicht schutzbedürftig, da diese für Wettbewerber der Beklagten nicht von Interesse seien. Die Geheimhaltungsanordnung habe zudem schon deshalb nicht erlassen werden dürfen, weil die Beklagte nicht substantiiert dargelegt habe, welcher konkrete Nachteil ihr durch die Bekanntgabe welches Dokuments drohe. Die Beklagte verhalte sich rechtsmissbräuchlich und widersprüchlich und verfolge mit dem begehrten Geheimnisschutz sachfremde Erwägungen. In Wahrheit gehe es ihr darum, Gesetzesverstöße zu verheimlichen. An deren Aufdeckung bestehe aber gerade ein gesteigertes öffentliches Interesse, weshalb die Einschränkung der Öffentlichkeit der Verhandlung nicht hinnehmbar sei. Wegen der weiteren Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze vom 28. Mai 2020 (Bl. II/18ff.) und vom 27. Oktober 2020 (Bl. II/83ff.) Bezug genommen.
Die Beklagte ist dem mit Schriftsätzen vom 3. Juni 2020 (Bl. II/41ff.) und 26. Juni 2020 (Bl. II/50ff.) unter Darlegu...