Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfeantrag für die Verteidigung gegen Inanspruchnahme als Fahrer eines Unfallfahrzeuges

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Kfz-Haftpflichtversicherer dem mitversicherten Fahrer als Streithelfer beigetreten, ist dessen Prozesskostenhilfeantrag für die Verteidigung gegen die Berufung des Klägers gegen die Klageabweisung mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen.

Denn die Interessen des mitverklagten Fahrers sind durch die Streithilfe hinreichend gewahrt.

Dies gilt auch dann, wenn sich der Fahrzeugführer gegen den Verdacht der Unfallmanipulation verteidigen will.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 58 O 68/07)

 

Tenor

1. Der Antrag des Beklagten zu 1) vom 15.5.2008 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Rechtsverteidigung gegen die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat den Beklagten zu 1) als Fahrer des Transporters Ford Transit (B-EL 1796), den Beklagten zu 2) als Halter dieses Kfz und die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer für Schäden an seinem BMW 525 tds klageweise vor dem LG Berlin (58 O 68/07) in Anspruch genommen, die bei einem Ereignis am 21.5.2006 entstanden sein sollen.

Das LG hat die Klage mit Urteil vom 28.2.2008 mit der Begründung abgewiesen, eine hinreichende Zahl von gewichtigen Beweisanzeichen begründe in ihrer Gesamtschau eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Unfallmanipulation.

Auf die Berufung des Klägers hat sich mit Schriftsatz vom 15.5.2008 für den Beklagten zu 1) Rechtsanwalt J gemeldet, Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt und einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt.

Für die Beklagte zu 3. hat sich mit Schriftsatz vom 20.5.2008 Rechtsanwalt St als Prozessbevollmächtigter gemeldet und - wie im ersten Rechtszuge - zugleich im Wege der Nebenintervention für die Beklagten zu 1) und zu 2) Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt.

II. Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zu 1) ist erfolglos.

1. In einem höheren Rechtszuge, also auch im Berufungsverfahren, setzt nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (anders als nach § 114 Satz 1 ZPO) nicht die Prüfung voraus, ob die Rechtsverteidigung hinreichende Erfolgsaussicht bietet oder mutwillig erscheint.

Allerdings muss für den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe - wie für jedes Rechtsschutzgesuch - ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein.

Dies gilt nach Auffassung des Senats auch für einen Prozesskostenhilfeantrag im Berufungsverfahren trotz der Vorschrift des § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO; denn diese betrifft nur den speziellen Begriff der Mutwilligkeit i.S.d. § 114 ZPO.

Das Rechtsschutzbedürfnis ist das berechtigte Interesse eines in seinen Rechten Beeinträchtigten, ein Gericht in Anspruch zu nehmen. Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen zu diesem Zweck, also den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn ohne das Rechtsschutzgesuch das erstrebte Ziel einfacher, billiger oder ohnehin erreicht wird.

Maßgeblich für die Beurteilung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses ist ausschließlich das Prozessrechtsverhältnis, innerhalb dessen ein Antragsteller sein Recht zu verfolgen oder zu verteidigen beabsichtigt. Folglich kommt es entscheidend darauf an, ob anzunehmen ist, dass die Partei im Verhältnis zum Gegner auch ohne Gewährung von Prozesskostenhilfe vor einer Verurteilung geschützt ist.

2. Für das Verlangen des Beklagten zu 1) nach Beiordnung eines eigenen Prozessbevollmächtigten im Wege der Prozesskostenhilfe fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.12.2004 - 1 W 96/04, VersR 2005, 1550) im vorbezeichneten Sinne; denn aufgrund der streitgenössischen Nebenintervention durch die anwaltlich vertretene Beklagte zu 3) ist dem Interesse des Beklagten zu 1) an der Zurückweisung der Berufung gegen das klagabweisende Urteil des LG hinreichend Genüge getan (vgl. auch § 10 Abs. 5 AKB).

Durch die Nebenintervention der Beklagten zu 3. ist der Beklagte zu 1. nicht nur davor geschützt, dass ein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen kann (vgl. auch OLG Frankfurt, a.a.O.). Infolge der materiell-rechtlichen Anknüpfung der Haftung des Versicherers an diejenige des Fahrzeughalters als Versicherungsnehmer hat der Versicherer ein Interesse daran, alle Ansprüche wegen behaupteter Schadens-ereignisse durch ein bei ihm versichertes Kraftfahrzeug in gleicher Weise abzu-wehren wie der Fahrzeughalter oder der Fahrer. Eine verständige Partei würde im wirtschaftlichen Interesse daher davon absehen, ungeachtet des über den Versicherer bestehenden Rechtsschutzes kostenpflichtig einen weiteren Anwalt zu mandatieren.

Ein besonderes rechtliches Interesse, im Berufungsverfahren durch einen eigenen Bevollmächtigten vertreten zu sein, ergibt sich für ihn auch nicht daraus, dass er sich dem Vorwurf der Unfallmanipulation ausgesetzt sieht; denn wenn sich dieser Vorwurf auch im Berufungsverfahren best...

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