Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Beweisbeschlusses zur Begutachtung des Betroffenen im Betreuungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung, im Betreuungsverfahren ein Gutachten darüber einzuholen, ob der Betroffene an einer psychischen Krankheit leidet, ist für den damit nicht einverstandenen Betroffenen mit der Beschwerde anfechtbar (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 12.9.2000).

 

Normenkette

FGG §§ 19, 68b Abs. 1 und Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 83 T 134/01)

AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 50 XVII 3583)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde der Betroffenen unbegründet ist.

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Betroffenen ist zulässig.

Gegen Beschwerdeentscheidungen des LG in Betreuungssachen ist nach den allgemeinen Vorschriften die weitere Beschwerde gegeben (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1, Abs. 4 FGG). Ihre Statthaftigkeit ist dabei selbstständig zu beurteilen und nicht von der Frage abhängig, ob die Erstbeschwerde statthaft war (vgl. BayObLG v. 24.6.1993 – 3 Z BR 111/93, BayObLGR 1993, 96 = NJW-RR 1994, 831 und FGPrax 2001, 78 m.w.N.; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 27 Rz. 3; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 27 Rz. 7). Dies gilt auch dann, wenn das Beschwerdegericht – wie hier – die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat (Bumiller/Winkler, FGG; 7. Aufl., § 27; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 27 Rz. 7).

Die Betroffene gilt vorliegend nach der Vorschrift des § 66 FGG selbst dann als verfahrensfähig, wenn sie tatsächlich nicht geschäftsfähig sein sollte. Ihre Beschwerdeberechtigung folgt schon daraus, dass ihre Erstbeschwerde vom LG verworfen worden ist (vgl. Senat FamRZ 1962, 531; BayObLG FGPrax 2001, 78 m.w.N.w.).

Die weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar ist die Erstbeschwerdeentscheidung des LG nicht frei von Rechtsfehlern, denn entgegen der Auffassung des LG war die Erstbeschwerde der Betroffenen nicht unzulässig. Der Senat kann vorliegend jedoch selbst in der Sache entscheiden und die weitere Beschwerde, da die Erstbeschwerde unbegründet war, mit einer dementsprechenden Maßgabe zurückweisen.

Das LG hat in der Anordnung der psychiatrischen Begutachtung der Betroffenen durch Beschluss des AG Spandau vom 1.2.2001 eine nicht anfechtbare Verfügung gesehen und die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen. Dies ist nach Auffassung des Senats rechtsfehlerhaft: Grundsätzlich sind zwar lediglich vorbereitende Zwischenverfügungen, zu denen auch Beweisanordnungen gehören, unanfechtbar (vgl. Senat OLGZ 1991, 406 [408] und FGPrax 2000, 237 [238]; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 19 Rz. 11 m.w.N.; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rz. 9). Nach allgemeiner Ansicht sind derartige Zwischenentscheidungen jedoch ausnahmsweise mit der einfachen Beschwerde anfechtbar, wenn sie – für sich allein betrachtet – bereits ein bestimmtes Verhalten vom Betroffenen verlangen und damit in so erheblichem Maß in seine Rechte eingreifen, dass ihre Anfechtbarkeit unbedingt geboten ist (vgl. Senat FGPrax 2000, 237/238; BayVGH BtPrax 1995,179 [180]; BayObLGZ 1982, 167 [169]; BayObLG FamRZ 2000, 249 [250] und FGPrax 2001, 78; OLG Stuttgart OLGZ 1975, 132; OLG Zweibrücken FGPrax 2000,109; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rz. 9). Ob Anordnungen, die – wie hier – allein auf die psychiatrische Begutachtung eines Beteiligten zielen und keinerlei Verpflichtung zu einer bestimmten Verhaltensweise aussprechen, nach diesen Grundsätzen anfechtbar sind, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt: Die ganz überwiegende Meinung hält solche Anordnungen für unanfechtbar, weil die Rechte des Betroffenen durch sie noch nicht verletzt würden: Eine bloße Begutachtungsanordnung mache dem Betroffenen keinerlei bestimmtes Verhalten zur Pflicht, weil seine Mitwirkung an der Untersuchung nicht erzwungen werden könne; unter diesen Umständen fehle es an einem unmittelbaren Eingriff in seine Rechte (vgl. OLG Hamm v. 14.9.1988 – 15 W 385/88, MDR 1989, 61 = FamRZ 1989, 542 [543]; OLG Brandenburg v. 18.7.1996 – 9 Wx 19/96, FamRZ 1997, 1019; BayObLG v. 1.7.1999 – 3 Z BR 182/99, FamRZ 2000, 249 [250] = FGPrax 2001, 78; Bienwald, BetR, 3. Aufl., § 68b Rz. 45; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 19 Rz. 11; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rz. 9). Anders wird dies von den Vertretern dieser Ansicht nur dann beurteilt, wenn sich aus der Beweisanordnung selbst bereits konkrete Verpflichtungen für den Betroffenen ergeben (vgl. dazu OLG Stuttgart OLGZ 1975, 132 f. – Ausspruch einer Verpflichtung zur Untersuchung; OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 109 – Verpflichtung zum Erscheinen zur Untersuchung ohne rechtlichen Beistand), die sich auch erst durch Auslegung der dem Wortlaut nach insoweit unergiebigen Beweisanordnung ergeben können (vgl. BayObLG NJW 1967, 685 f.).

Der Senat hat dagegen in seinem Beschl. v. 12.9.2000 (FGPrax 2000, 237 [238]) die Auffassung vertreten, auch eine bloße Anordnung zur psychiatrischen Begutachtung des Betroffenen über die Notwendigkeit der Betre...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge