Leitsatz (amtlich)

Nach der AVA vom 6. Juli 2021 bedarf es keiner aus dem Aufteilungsplan ersichtlichen Mindestausstattung für die Abgeschlossenheit einer Wohnung i.S.v. § 3 Abs. 3 WEG.

 

Normenkette

AVA §§ 5, 8 Abs. 1; WEG § 3 Abs. 3, § 7 Abs. 4 S. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Mitte vom 17. August 2021 in der Fassung vom 17. September 2021 zu Nr. 1, 2, 5 und 6 aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen nicht begründet.

zur Zwischenverfügung Nr. 1

Die Verfügung, der Plan B 2.0 (Grundriss Erdgeschoss) sei durch das Bezirksamt dahin zu ergänzen, dass der (an den Innenhof grenzende) Raum "WC" (im Folgenden: Badezimmer) mit Nr. 2 zu kennzeichnen sei, ist nicht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst.

Zwar genügt die Abgeschlossenheitsbescheinigung Nr. ... vom 14. Juni 2021 nebst Aufteilungsplänen den Anforderungen von § 7 Abs. 4 S. 1 WEG nicht. Denn es besteht ein Widerspruch zwischen dem Grundriss und dem Plan B 12.0 (Ansicht Hof-SFL). In der Gebäudeansicht ist das Fenster des Badezimmers mit einer 2 gekennzeichnet, was zu berücksichtigen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Sept. 2022 - 1 W 301, 312-342/22 - juris Rn. 31 ff.).

Es ist aber nicht zwingend erforderlich, das Badezimmer zum Sondereigentum zu bestimmen. Zum einen dürfte mit dem nordöstlich abgetrennten kleinen Raum (im Folgenden: Gästetoilette) Wasserversorgung, Ausguss und WC innerhalb der Wohnung vorhanden sein. Zum anderen ist diese Mindestausstattung nach der nunmehr geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (AVA) vom 6. Juli 2021 für die Abgeschlossenheit i.S.v. § 3 Abs. 3 WEG nicht mehr erforderlich (Senat, Beschlüsse vom 10. März 2022 - 1 W 300/21 - und vom 14. Juni 2022 - 1 W 122/22 -). Diese sieht gesonderte Anforderungen für die Abgeschlossenheit von Wohnungen nicht mehr vor (§ 5 AVA). Gemäß § 8 Abs. 1 AVA i.V.m. Anlage 1 wird lediglich bescheinigt, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 WEG vorliegen. Die Ansicht des Verordnungsgebers, inhaltliche Änderungen zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 19. März 1974 bestünden nicht (BR-Drucks. 312/21 S. 9), findet im vorrangigen Wortlaut der AVA vom 6. Juli 2021 keine Stütze. Der gesetzliche Begriff "in sich abgeschlossen" erfasst zudem nur die Abgeschlossenheit im engeren räumlichen Sinn, um den Herrschaftsbereich klar und dauerhaft abzugrenzen, und keine bauordnungsrechtlichen Vorschriften (Gems-OGB, NJW 1992, 3290).

Es ist auch nicht i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO inhaltlich unzulässig, ohne eine (aus den Plänen ersichtliche) Mindestausstattung für im Sondereigentum stehende Räume Wohnzwecke gemäß § 1 Abs. 2 WEG zu bestimmen. Vielmehr ist es Sache des jeweiligen Sondereigentümers, etwaige bauordnungsrechtliche Vorgaben - wie etwa den in einer Wohnung erforderlichen Einbau einer Toilette und einer Dusche o.ä. - zu erfüllen (BGH, NJW-RR 2017, 462 Rn. 19 ff.). Welche Leitungen u.ä. in einem Haus verlegt sind, gibt der Aufteilungsplan ohnehin regelmäßig nicht wieder.

Danach kann das Badezimmer zum Gemeinschaftseigentum bestimmt werden, sollte die Beteiligte dies tatsächlich wollen. Wegweisend und ohne Bindungswirkung wird darauf hingewiesen, dass es dafür nicht genügte, dass das Bezirksamt auf dem Ansichtsplan die Nr. 2 im Fenster des Badezimmers streicht und die Beteiligte auf diese Ergänzung zur Abgeschlossenheitsbescheinigung Bezug nimmt. Vielmehr bedürfte es einer ausdrücklichen Erklärung der Beteiligten in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO, dass der mit "WC" gekennzeichnete, nicht nummerierte Raum Gemeinschaftseigentum sein solle.

Auch wenn die Teilungserklärung / Eintragungsbewilligung auslegungsfähig ist (vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl., § 19 Rn. 28) und im Zweifel kein Sondereigentum entsteht (Senat, Beschluss vom 27. Sept. 2022, a.a.O.), ist im Eintragungsverfahren auf klare und eindeutige Eintragungsgrundlagen hinzuwirken (vgl. Demharter, a.a.O., Anh. § 13 Rn. 5, § 19 Rn. 27). Die Kennzeichnung des Badezimmers mit Nr. 2 wurde nach dem Gesamtzusammenhang offensichtlich nur versehentlich unterlassen. Auch der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, warum es sinnvoll sein könnte, diesen Raum - oder bei den Einheiten Nr. 4, 10 und 12 die Gästetoilette - dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen. Die fehlende Kennzeichnung eines einzelnen, nicht besonders hervorgehobenen Raums, der innerhalb eines im Sondereigentum stehenden Gebäudeteils liegt, ist bei Grundbucheinsichten leicht zu übersehen. Darüber hinaus wird teilweise vertreten, ein solcher Einzelraum gehöre auch ohne Nummerierung entsprechend § 94 BGB oder nach der natürlichen Anschauung zum Sondereigentum (vgl. OLG München, FGPrax 2011, 281). Ohne eine zweifelsfreie Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum wäre der Bestimmtheitsgrundsatz nic...

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