Leitsatz (amtlich)
1. Eine zwischenzeitliche Nutzung als Vorführwagen bis zu einem Verkauf an den Verbraucher lässt die Neuwagen-Eigenschaft im Sinne der Pkw-EnVKV auch dann nicht notwendig entfallen, wenn das Fahrzeug bereits mehrere Monate oder Jahre vor dem Verkauf gebaut worden ist und es eine Laufleistung von 2.000 km aufweist.
2. Maßgeblich bleibt insoweit die Motivlage im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs vom Hersteller. Erfolgte dieser Erwerb zum Zwecke des Weiterverkaufs oder der Auslieferung, ist es regelmäßig unerheblich, wenn sich diese Motivlage erst nachfolgend wesentlich geändert hätte.
3. Ein Erwerb vom Hersteller wird zum Zweck des Weiterverkaufs jedenfalls dann vorgenommen, wenn die Absicht besteht, das Fahrzeug - trotz einer anderweitigen Zwischennutzung - bei jeder nächsten sich bietenden Gelegenheit zu veräußern.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 11; Pkw-EnVKV § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 1 (Vorführwagen als "Neuwagen")
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 02.06.2008; Aktenzeichen 52 O 34/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 2.6.2008 verkündete Urteil des LG Berlin - 52 O 34/08 - wird einstimmig zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 20.000 EUR.
Gründe
A. Die Berufung ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO aus den weiterhin zutreffenden Gründen der Verfügung vom 23.6.2009 zurückzuweisen.
In dieser Verfügung hat der Senat ausgeführt:
"Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
I. Zu Recht hat das LG in der streitgegenständlichen Werbeanzeige (Anlage 2 zur Antragsschrift) einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG (alter und neuer Fassung) i.V.m. § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV i.V.m. Abschnitt I Nr. 1 der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV bejaht.
Es ist vorliegend davon auszugehen, dass das in der streitgegenständlichen Anzeige beworbene Fahrzeug "BMW 318i Limousine Vorführwagen, EZ 09/07, 2.000 km, Schwarz, ... " ein "neuer Personenkraftwagen" i.S.d. § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV war.
Neuwagen in diesem Sinne sind Kraftfahrzeuge, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden.
1. Es ist schon nicht hinreichend erkennbar, dass der Antragsgegnerin das in Streit stehende Fahrzeug vor der Werbung "verkauft" worden ist. Es ist ohne weiteres denkbar, dass die Antragsgegnerin das Fahrzeug (insbesondere) vom Hersteller nur in Kommission zum Weiterverkauf erhalten hat.
Zu dem dahingehenden Vortrag des Antragstellers in zweiter Instanz hat sich die Antragsgegnerin nicht näher erklärt. Ihr schlichter Hinweis auf eine prozessuale Verspätung dieses Vortrags genügt nicht. Ein als unstreitig zu behandelnder Vortrag unterliegt nicht den Verspätungsvorschriften (BGH, NJW 2008, 448; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 531 Rz. 21 m.w.N.).
2.a) Selbst wenn von einem Verkauf auszugehen wäre, stünde der Annahme einer Neuwagen-Eigenschaft nicht entgegen, wenn das streitgegenständliche Fahrzeug eine Tageszulassung erhalten hätte (OLG Köln, WRP 2007, 680, juris Rz. 6 ff.; Senat, Magazin Dienst 2007, 654, juris Rz. 7 ff.; OLG Koblenz, Magazin Dienst 2008, 506, juris Rz. 6; OLG Stuttgart, Magazin Dienst 2009, 175, juris Rz. 41). Im Autohandel ist es nämlich schon seit langem weit verbreitete Praxis, dass Händler die Zulassung faktisch neuer Fahrzeuge nur für einen Tag oder ähnlich kurze Zeit veranlassen, nicht um sie zu nutzen, sondern um ggü. dem Hersteller in einer bestimmten Periode höhere Verkaufszahlen nachweisen und solche Fahrzeuge mit deutlichen Preisnachlässen anbieten zu können (OLG Köln, a.a.O., juris Rz. 9, unter Hinweis auf BGH, GRUR 1994, 827 - Tageszulassungen; GRUR 2000, 914 - Tageszulassung II). Solche Tageszulassungen werden von der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung als besondere Form des Neuwagengeschäfts beurteilt (OLG Köln, a.a.O., unter Hinweis auf u.a. BGH, a.a.O., Tageszulassung II).
b) Auch eine zwischenzeitliche Nutzung als Vorführwagen bis zu einem Verkauf an den Verbraucher lässt die Neuwagen-Eigenschaft im Sinne der Pkw-EnVKV jedenfalls dann nicht entfallen, wenn das Fahrzeug nur eine geringe Laufleistung von wenigen 100 km aufweist (Senat, a.a.O.; OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.). Ein relevanter anderweitiger Nutzungszweck im Sinne der Pkw-EnVKV liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn eine Zwischennutzung nur der Überbrückung der - ihrem Umfang nach noch unbekannten - zeitlichen Spanne zwischen Anschaffung des Fahrzeugs und dem (von Anfang an und auch nachfolgend weiterhin) bezweckten Verkauf an den Verbraucher dient (Senat, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O., juris Rz. 43). Auch ein Vorführwagen wird vorrangig zum Zweck des Weiterverkaufs vorgehalten (OLG Koblenz, a.a.O.). Dies gilt selbst bei einer viele Monate andauernden Nutzung als Vorf...