Leitsatz (amtlich)
1. Begehrt der Kläger die Unterlassung einer Werbung unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform ("wenn dies geschieht wie...") ohne Formulierung abstrakter Obersätze und zitiert er im Rahmen seiner Klagebegründung eine konkrete Aussage aus dieser Verletzungsform als Beispiel für eine Angabe, in der besonders deutlich eine Bewerbung gesehen werden könne, überlässt er es dem von ihm im Erkenntnisverfahren angerufenen Gericht, zu bestimmen, auf welchen konkreten Aspekt das Unterlassungsgebot gestützt wird.
2. Bestimmt sodann das angerufene Gericht im Erkenntnisverfahren, auf welchen konkreten Aspekt das Unterlassungsgebot gestützt wird, bestimmt es damit auch, was das Charakteristische der konkreten Verletzungsform ausmacht.
3. In einem anschließenden Zwangsvollstreckungsverfahren können - neben den mit der verbotenen Form identischen Handlungen auch - im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das vom Gericht des Erkenntnisverfahrens herausgearbeitete Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, sanktioniert werden.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 101 O 134/18) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 04.08.2020 - 101 O 134/18 - wie folgt abgeändert:
Gegen die Beklagte wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11.11.2019 - 101 O 134/18 - ein Ordnungsgeld von 30.000,- Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 6.000,- Euro ein Tag Ordnungshaft, zu vollziehen an einem der Geschäftsführer, verhängt.
2. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000,- Euro.
Gründe
A. Die sofortige Beschwerde Klägers ist gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2 ZPO statthaft und zulässig; aus der Beschwerdeschrift vom 26.08.2020 ergibt sich hinreichend, dass sie sich gegen den die Ordnungsmittelanträge des Klägers vom 13.05.2020 und 03.06.2020 zurückweisenden Beschluss des Landgerichts vom 04.08.2020 (zu 101 O 134/18) richtet, auch wenn dieser nicht ausdrücklich genannt wird.
Sie ist auch teilweise begründet. Die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 ZPO liegen hinsichtlich des Antrags vom 13.05.2020 vor; hinsichtlich des Antrags vom 03.06.2020 liegen sie nicht vor.
I. Der Kläger erhob vor dem Landgericht Berlin gegen die Beklagte Klage mit dem Antrag, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, "im geschäftlichen Verkehr für eine Fernbehandlung zur Korrektur der Zahnstellung zu werben, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 3 wiedergegeben". Im Rahmen der Klageschrift erklärte der Kläger (dort auf S. 11 = Bd. I Bl. 11 d. A.), die Beklagte schreibe in ihrem Internetauftritt entsprechend der Anlage K 3 "also z.B." (buchstabengetreu wiedergegeben) Folgendes:
"Bestelle Deinen Zahnabdruckset
Zahnabdrücke erstellen mit unseren Abdruckset ist einfach, sicher und schnell - schon nach ca. 30 Minuten bist du fertig.
Ist mein Fall geeignet?"
Im Internetauftritt der Beklagten folgten nach Verlinkung sodann weitere Erklärungen. Der Klageschrift beigefügt war eine aus insgesamt 43 Seiten bestehende Anlage K 3. Diese enthält auf Seite 3 die vorstehend eingerückt wiedergegebenen Angaben (mit dem Unterschied, dass das 2. Wort "Dein" lautet).
Nachdem die Beklagte unter anderem die Auffassung vertreten hatte, der Verbotsantrag des Klägers sei unbestimmt, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 10.05.2019 (dort auf S. 1 = Bd. I Bl. 64 d. A.): Es sei Sache des Klägers, wie er seinen Unterlassungsantrag formulieren möchte. Ein Kläger könne die von ihm als wettbewerbswidrig gesehenen Aussagen herausgreifen oder er könne einen sogenannten "Kopierantrag" stellen. Solange in der kopierten Werbung etwas Wettbewerbswidriges enthalten sei und der Kläger sich in seiner Begründung darauf beziehe, sei dem Antrag stattzugeben. Ferner erklärte er in diesem Schriftsatz (dort auf S. 2, 3 = Bd. I Bl. 65, 66 d. A.), im Streitfall richte sich der Klageantrag gegen eine konkrete Verletzungsform, nämlich die Werbung in der Anlage K 3. Aufgrund dieser Antragsfassung bedürfe es keiner Klärung, ob die Werbung aufgrund der einen oder aufgrund der anderen Aussage unzulässig sei. Der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung TCM-Zentrum ausgeführt, dass, wenn ein Kläger das Verbot einer Handlung unter Bezugnahme auf eine im Antrag wiedergegebene Ablichtung einer Werbeanzeige "so wie sie begangen worden ist", begehrt, dieser Antrag hinreichend bestimmt und damit zulässig sei, weil für den Beklagten nicht zweifelhaft sei, wie er sich in Zukunft zu verhalten habe; er habe nämlich künftig jegliche Werbung, die aus der gesamten Anzeige bestehe, zu unterlassen. So liege der Fall auch hier. Der Kläger habe die konkrete Bewerbung benannt und dabei sogar "überobligatorisch auf Seite 11 ff. der Klageschrift auf ...