Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 26.08.2014; Aktenzeichen 3 OH 49/14 KapMuG) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG Berlin vom 26.8.2014 - 3 OH 49/14 KapMuG - wird bei einem Beschwerdewert von bis zu 4.000 EUR als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin zeichnete am 15.5.1996 nach einer durch die Antragsgegnerin durchgeführten Beratung eine Beteiligung i.H.v. 20.000 DM an der D. In dem Rechtsstreit 3 O 227/13 LG Berlin hat sie die Antragsgegnerin - zunächst im Wege der Feststellungsklage, nach "Klageumstellung" im Wege der Leistungsklage - auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei sie ihre Ansprüche einerseits auf von ihr behauptete Prospektfehler gestützt, andererseits geltend gemacht hat, sie sei aufgrund fehlerhafter Schulungen der Mitarbeiter falsch beraten worden.
In dem vorliegenden Verfahren verfolgt die Antragstellerin im Rahmen eines Antrags auf Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens gem. § 1 KapMuG Feststellungen zur behaupteten Fehlerhaftigkeit des Emissionsprospekts sowie zur Darstellung des DLF in den Schulungen und Schulungsunterlagen für die Vertriebsmitarbeiter der Antragsgegnerin.
Mit Beschluss vom 26.8.2014 hat das LG dem Antrag wegen der begehrten Feststellungen zur Fehlerhaftigkeit des Emissionsprospekts stattgegeben und ihn im Übrigen als unzulässig verworfen. Gegen den ihr am 8.9.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 12.9.2014 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Antragsgegnerin ist der Meinung, ihre Beschwerde sei jedenfalls analog § 252 ZPO zulässig, weil im Hinblick auf die zunächst verfolgte Feststellungsklage der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei. Die Umstellung auf eine Leistungsklage lasse ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen, da zu diesem Zeitpunkt der rechtsfehlerhaft bekannt gemachte Musterverfahrensantrag mit Konse...uenzen für die Bestimmung des gesetzlichen Richters bereits "verbraucht" gewesen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Aufhebung des Beschlusses des LG vom 26.8.2014 die Löschung der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Klageregister und Wiederaufnahme des Verfahrens durch das LG.
II.1) Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach § 572 Abs. 2 S. 2 ZPO zu verwerfen, weil sie unzulässig ist.
Die sofortige Beschwerde ist unstatthaft, weil der stattgebende Beschluss des LG nach dem Wortlaut des Gesetzes unanfechtbar ist, § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG.
Gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG entscheidet das Prozessgericht durch unanfechtbaren Beschluss über die öffentliche Bekanntmachung des Musterverfahrensantrages im Bundesanzeiger. Diese Entscheidung des Gesetzgebers über die Unanfechtbarkeit des Bekanntmachungsbeschlusses ist zu respektieren, auch wenn damit nach § 5 KapMuG kraft Gesetzes eine vorübergehende Unterbrechung des beim Prozessgericht anhängigen Verfahrens eintritt (vgl. KG, 25. Zivilsenat, Beschl. v. 6.11.2014 - 25 Kap. 1/14; 11. Zivilsenat, Beschl. v. 8.10.2014 - 11 Kap. 1/14; 8. Zivilsenat, Beschl. v. 27.11.2014 - 8 Kap. 1/14; 7. Zivilsenat, Beschl. v. 28.10.2014 - 7 Kap. 1/14; 22. Zivilsenat, Beschl. v. 2.10.2014 - 22 Kap. 2/14; a.A. KG, 24. Zivilsenat, Beschl. v. 15.10.2014 - 24 Kap. 7/14).
Entgegen der im Wesentlichen auf die Kommentierung von Kruis im Kölner Kommentar zum KapMuG (vgl. 2. Aufl. 2014, Rz. 124 zu § 3 KapMuG) gestützten Meinung der Antragsgegnerin lässt sich die zur Anfechtbarkeit einer Aussetzungsentscheidung nach § 7 Abs. 1 KapMuG in der bis zum 31.10.2012 geltenden Fassung ergangene Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.2010 - XI ZB 23/10; Beschl. v. 16.6.2009 - XI ZB 33/08; Beschl. v. 8.9.2009 - XI ZB 4/09; Beschl. v. 21.12.2010 - XI ZB 25/10) nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen. Diese Entscheidungen betrafen keine Verfahren, in denen selbst ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde, sondern nur solche, in denen keine der Prozessparteien ein Kapitalanleger-Musterverfahren iniitiert hatte. Nur für solche Prozessverfahren, in denen ein Musterfeststellungsantrag zulässigerweise nicht gestellt werden kann und ein Vorverfahren nach §§ 1 ff. KapMuG sowie eine Zulässigkeitsprüfung nach § 3 KapMuG nicht stattgefunden hat, hat der BGH die Anwendbarkeit des § 7 KapMuG a.F. (jetzt § 8 KapMuG) und damit auch des in § 7 Abs. 1 S. 4 a.F. geregelten Anfechtungsausschlusses verneint.
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin aber selbst im Rahmen des Verfahrens vor dem Prozessgericht ein Verfahren nach §§ 1 ff. KapMuG eingeleitet. Das Prozessgericht hatte demnach gem. § 3 Abs. 1, Abs. 2 KapMuG (auch) eine Entscheidung über die Zulässigkeit ihres Antrages zu treffen, wobei diese Entscheidung neben der Prüfung der allgemeinen Prozessvoraussetzungen und der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 KapMuG auch die Prüfung umfasste, ob der Musterverfahrensantrag überhaupt statthaft ist (vgl. hierzu BT-Drucks. 17/8799, 17). Wenn aber der Gesetzgeber gerade diese von ihm vorausgesetzte Prü...