Leitsatz (amtlich)

1. Nur dann, wenn eine geschäftliche Handlung sich ausschließlich an Fachleute wendet, ist deren Auffassung und Sprachgebrauch auf dem betreffenden Fachgebiet entscheidend.

2. Bei dem Hinweis auf dem Etikett, ein Produkt sei "aus" Berlin, geht der Verbraucher grundsätzlich davon aus, dass das Produkt dort hergestellt und nicht lediglich dort entwickelt wurde.

 

Normenkette

UWG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 102 O 5/19)

 

Tenor

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19.07.2019 - 102 O 5/19 - zurückzuweisen.

2. Es ist beabsichtigt, den Berufungswert auf 25.000,00 Euro festzusetzen.

3. Die Beklagte erhält gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. (...)

Die Klage ist der Beklagten am 16.02.2019 zugestellt worden.

Mit Urteil vom 19.07.2019 hat das Landgericht Berlin die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und dem Kläger auch die geltend machte Kostenpauschale zugesprochen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 24.07.2019 zugestellt worden. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren nach Klageabweisung weiter. Die Berufung ist beim Kammergericht am 07.08.2019 eingegangen, welche die Beklagte - nach Verlängerung der Frist um einen Monat - mit ihrer am 24.10.2019 beim Kammergericht eingegangenen Berufungsbegründungsschrift vom selben Tage begründet hat.

Die Beklagte setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander, wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt des Weiteren unter anderem vor:

Die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger habe zu den Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nicht konkret vorgetragen. Insbesondere habe der Kläger nicht dargelegt, dass ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehöre, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben. Allein der Verweis auf die bestehende Mitgliedschaft zahlreicher Industrie- und Handelskammern genüge nicht.

Auch handele es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts bei dem Aufdruck auf den Etiketten ("PREMIUM FILLER AUS BERLIN") nicht um eine wettbewerbswidrige irreführende Angabe. Das Landgericht berücksichtige nicht, dass die Darlegungs- und Beweislast insoweit beim Kläger liege. Es sei ein entscheidender Unterschied, ob man nach der Herkunft des Abfüllers frage oder - was zutreffend sei - nach der Herkunft des Unternehmens, von dem das hier interessierende Produkt "Filler" stamme. Bei der Bezeichnung "Filler" handele es sich um das Produkt und nicht um den Abfüllbetrieb. Denn "Abfüller" werde im Englischen übersetzt mit "Bottler". Entgegen der Auffassung des Landgerichts sprächen die streitgegenständlichen Produkte zu einem entscheidenden Teil die Fachkreise aus der Bar-/Gastronomie-/Barkeeper-Szene an. Für die angesprochenen Fachkreise stehe der "Filler" als feststehender Begriff für "Mixer"-Produkte. Entgegen der Ansicht des Landgerichts gebe es, gleich welche Verkehrskreise als maßgeblich angesehen würden, keine Mehrdeutigkeit der Werbeaussage, sondern lediglich ein zutreffendes oder gar kein Verständnis des Begriffs "Filler" durch die Verkehrskreise. Bei Zugrundelegung des zutreffenden Verständnisses des Begriffes "Filler" (= Getränk) nach dem allgemeinen wie auch nach dem Sprachgebrauch der Fachkreise beziehe sich diese Bezeichnung entgegen der Ansicht des Landgerichts auf den Hersteller der Getränke, d. h. wem der "Filler" zugeordnet sei, und die Formulierung "Filler aus Berlin" darauf, dass der "Filler" von einem Berliner Unternehmen angeboten werde. Das Landgericht habe nicht ohne Beweiserhebung davon ausgehen dürfen, dass der angesprochene Verkehr die Angabe "aus Berlin" auf den Abfüllort bezöge. Maßgeblich für die Herkunft von Getränken wie denen der Beklagten und für das entsprechende Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise sei nicht der Abfüllort, sondern die Herkunft des Unternehmens, die "örtliche Befindlichkeit" der Mitarbeiter und der Ort, an dem über die Zusammensetzung, die Produktion, die Vermarktung, den Vertrieb und die Abwicklung von Geschäften entschieden werde.

Jedenfalls fehle es an einer wettbewerbsrechtlichen Relevanz der Irreführung. Anders als etwa bei Wein komme es den Verkehrskreisen bei einem "Filler" nicht darauf an, an welchem Ort das Getränk produziert oder in die Flaschen gefüllt werde. Entscheidend sei auch nicht, wie lang der Transportweg sein möge. Auf den Ort, an dem letztlich die Abfüllung in Flaschen geschehe, komme es mangels speziell aus Berlin stammender Zutaten oder nur in Berlin vorkommender Produktionsmethoden nicht an. Die umworbenen Verbraucher gingen vielmehr davon aus, dass es sich bei den beworbe...

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