Entscheidungsstichwort (Thema)
Kopfstimmrecht des Zwangsverwalters
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Kopfstimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung steht einem Zwangsverwalter, der für mehrere natürliche oder juristische Personen eingesetzt ist, je Person ein Stimmrecht zu, jedenfalls solange er sämtliche Wohneinheiten der natürlichen oder juristischen Person vertritt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 04.06.2002; Aktenzeichen 85 T 466/01 WEG) |
AG Berlin-Neukölln (Beschluss vom 22.10.2001; Aktenzeichen 70-II 146/01 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen haben als Gesamtschuldnerinnen die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 1.533,78 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) (Antragstellerinnen) und zu 2) sind die Wohnungseigentümer der Wohnanlage. Die Beteiligte zu 3) ist die amtierende Verwalterin, die Beteiligte zu IV. die frühere Verwalterin der Wohnanlage. Im vorliegenden Verfahren haben die Antragstellerinnen die Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen erstrebt, die in der Eigentümerversammlung vom 5.6.2001 gefasst worden sind. In dritter Instanz geht es lediglich noch um den Eigentümerbeschluss zu TOP 15. In der Teilungserklärung ist zum Stimmrecht der Wohnungseigentümer keine Regelung getroffen worden, so dass das Kopfstimmrecht gem. § 25 Abs. 2 S. 1 WEG gilt. Eine Reihe von Wohnungen verschiedener natürlicher und juristischer Personen stehen unter der einheitlichen Zwangsverwaltung einer einzigen Zwangsverwalterin. Die Beteiligten streiten u.a. darum, ob die Zwangsverwalterin entsprechend den von ihr vertretenen natürlichen und juristischen Personen fünf Stimmrechte in der Eigentümerversammlung besitzt, oder wegen der einheitlichen Zwangsverwaltung nur ein einziges Kopfstimmrecht ausgeübt werden kann.
In der Eigentümerversammlung am 5.6.2001 wurde zu TOP 15 folgender Beschluss gefasst:
Die Gemeinschaft ermächtigt die Hausverwaltung B. H.u.G. GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer P.S., auf den Namen der Gemeinschaft "WEG S." ein Konto zu eröffnen und zu führen.
Hiervon betroffen sind von der Gemeinschaft zu führende Wohngeld- und Festgeld-Konten sowie andere notwendige Konten.
Die Kontoverfügung wird der Verwaltung erteilt.
Die Verwaltung ist berechtigt, alle hierfür erforderlichen Unterlagen zu Lasten der Gemeinschaft bei Behörden oder sonstigen Dritten anzufordern.
Das Konto darf nur im Guthaben-Bereich geführt werden.
Abstimmungsergebnis:
JA-Stimmen: 9 Stimmen
Nein-Stimmen: 4 Stimmen
Der Beschlussantrag wurde angenommen.
Nachdem das AG mit Beschluss vom 22.10.2001 den Anfechtungsantrag zurückgewiesen und sich in den Gründen ausschließlich mit dem Eigentümerbeschluss zu TOP 4 befasst hat, haben die Antragstellerinnen in zweiter Instanz erklärt, dass mit der Anfechtung aller Eigentümerbeschlüsse in der Versammlung vom 5.6.2001 (das Versammlungsprotokoll lag bei Eingang der Anfechtungsschrift noch nicht vor) auch der Eigentümerbeschluss zu TOP 15 erfasst werden sollte. Das LG hat mit Beschluss vom 4.6.2002 den Anfechtungsantrag zu TOP 4 durchgreifen lassen, den Anfechtungsantrag zu TOP 15 jedoch zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen bleibt erfolglos.
II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen ist gem. §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die Rechtsbeschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluss nicht auf.
Rechtlich einwandfrei vertritt das LG die Auffassung, dass ein Zwangsverwalter, der in einer Eigentümerversammlung für mehrere Eigentümer von verschiedenen Einheiten auftritt, hinsichtlich deren eine Zwangsverwaltung angeordnet ist, auch bei Bestehen des Kopfstimmrechts bei Abstimmungen nicht nur ein einziges Kopfstimmrecht, sondern mehrere Kopfstimmrechte entsprechend der Anzahl der von ihm vertretenen Eigentümer (auch wenn diese mehrere Wohneinheiten inne haben) besitzt. Dies folgt zum einen aus dem Sinn und Zweck der Zwangsverwaltung nach § 152 ZVG, wonach der Zwangsverwalter die zwangsverwaltete Einheit eines Wohnungseigentümers als Sondervermögen zu verwalten hat, um aus den Erträgen des zwangsverwalteten Eigentums den Gläubiger zu befriedigen. Dabei hat der Zwangsverwalter jede einzelne unter Zwangsverwaltung stehende Einheit gesondert zu verwalten. Die Wohneinheiten können auch völlig getrennt voneinander aus der Zwangsverwaltung wieder herausfallen bzw. neue Wohneinheiten können hinzu kommen. Stehen allerdings sämtliche Einheiten im Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person und besitzt diese keine weiteren Einheiten, hat der Zwangsverwalter bei dem gesetzlichen Kopfstimmrecht nach § 25 Abs. 2 S. 1 WEG ebenfalls nur eine Stimme in der Eigentümerversammlung. Daraus ist abzuleiten, dass dann, wenn eine oder mehrere Einheiten verschiedenen natürlichen o...