Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 18.10.2013)

LG Berlin (Entscheidung vom 05.09.2012)

 

Tenor

Die Beschwerden des Verurteilten gegen die Beschlüsse des Landgerichts Berlin vom 5. September 2012 und vom 18. Oktober 2013 werden verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Landgericht Berlin - Jugendschutzkammer - hat den Beschwerdeführer mit Urteil vom 22. Januar 2009 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen unter Einbeziehung einer zuvor gegen ihn verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Er befand sich in dieser Sache vom 17. September 2008 bis zum Tag der Urteilsverkündung in Untersuchungshaft und wurde sodann von deren weiteren Vollzug verschont. Das Urteil erlangte am 27. Mai 2009 Rechtskraft. Seiner Ladung zum Strafantritt in der JVA ... vom 29. Januar 2010, die ihm am 4. Februar 2010 zugestellt worden ist, kam der Verurteilte nicht nach. Deshalb wurde am 1. März 2010 ein Vollstreckungshaftbefehl erlassen und die Fahndung eingeleitet. Seit dem 8. März 2010 ist er zur nationalen Fahndung ausgeschrieben. Am 27. Dezember 2010 wurde die internationale Fahndung veranlasst.

1. Mit Beschluss vom 5. September 2012 hat das Landgericht Berlin auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme des gesamten Vermögens des Verurteilten angeordnet, um ihm die finanziellen Mittel für seine Flucht ins Ausland zu entziehen. Mit Beschluss vom 14. März 2013 wurde dieser Beschluss auf Antrag der Staatsanwaltschaft dahingehend abgeändert, dass von der Beschlagnahme 1.551,15 Euro vierteljährlich zur Bedienung einer Pfändung zugunsten des Vermögens der B. GmbH ausgenommen bleiben.

2. Ferner hat das Landgericht es mit seinem Beschluss vom 18. Oktober 2013 abgelehnt, 2.000,00 Euro freizugeben, die der Verurteilte nach seinen Angaben dazu nutzen wollte, einen Rechtsanwalt für das Vollstreckungsverfahren zu bezahlen.

Mit seinen Beschwerden vom 12. Dezember 2013 greift der Verurteilte die Beschlüsse vom 5. September 2012 und vom 18. Oktober 2013 an.

Das Landgericht hat keine Abhilfeentscheidungen getroffen.

II.

1. Die Beschwerden sind gemäß §§ 304 ff. StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Da für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften über die Beschwerde gelten, hätte die 24. Strafkammer des Landgerichts Berlin zwar zunächst über die Frage der Abhilfe nach § 306 Abs. 2 StPO entscheiden müssen, bevor sie die Akten dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde vorlegte; dies hindert eine Entscheidung des Senats jedoch nicht. Hat das Erstgericht keine Abhilfeentscheidung getroffen, hat das über die Beschwerde befindende Gericht unter Berücksichtigung seiner Pflicht zur schnellen und wirtschaftlichen Erledigung der Sache nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob es selbst entscheiden oder dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, Gelegenheit geben will, eine unterlassene Entscheidung über die Abhilfe ordnungsgemäß nachzuholen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27. Dezember 2002 - 2 Ws 475/02 - [juris] für die weitere Beschwerde; Zabeck in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 306 Rdn. 19). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung hat der Senat daher vorliegend selbst in der Sache entschieden.

2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet.

a) Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss vom 5. September 2012 zu Recht die Beschlagnahme des Vermögens des Verurteilten beschlossen. Rechtsgrundlage dieser Entscheidung und der zu ihrer Umsetzung nötigen Maßnahmen sind die §§ 290, 292, 457 Abs. 3 StPO.

Gemäß § 457 Abs. 3 Satz 1 StPO stehen der Vollstreckungsbehörde, wenn der Verurteilte sich dem Vollzug entzieht, die gleichen Befugnisse zu wie der Strafverfolgungsbehörde, soweit die Maßnahmen bestimmt und geeignet sind, den Verurteilten festzunehmen. Für die notwendig werdenden Entscheidungen ist gemäß § 457 Abs. 3 Satz 3 StPO das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig.

Diese Regelung beruht auf dem Gedanken, dass die Gefährlichkeit des Täters nicht mit der Rechtskraft seiner Verurteilung endet. Alle Maßnahmen, die im Erkenntnisverfahren zur Ergreifung des Beschuldigten zulässig sind, sollen daher grundsätzlich auch im Vollstreckungsverfahren gelten (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1997, 103). Der Senat teilt die Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, dass der Gesetzeszweck dafür spricht, dass die Beschlagnahme des inländischen Vermögens, die § 290 StPO unmittelbar erlaubt, um die Gestellung des Angeklagten zur Durchführung der Hauptverhandlung zu erzwingen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 56. Aufl., § 290 Rdn. 1), auch zur Gestellung des Verurteilten zum Zwecke der Strafvollstreckung erfolgen kann.

Zwar ist § 290 StPO seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung nach auf das Erkenntnisverfahren zugeschnitten. Die Bestimmung regelt außerdem eine Befugnis, die dem Gericht und nicht der Staatsanwaltschaft von Amts wegen zusteht. Wenn das Gesetz jedoch das Beugemi...

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