Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit eines Punktesystems bei der Auswahl von Bewerbern um eine Notarstelle (Kappungsgrenzen für Anwaltstätigkeit und für Fortbildungsveranstaltungen, keine zeitliche Differenzierung bei Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, Sonderpunkte für notarnahe Tätigkeit).

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.04.2008; Aktenzeichen NotZ 121/07)

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Präsidentin des KG vom 9.3.2007 -... - wird nach einem Verfahrenswert von 50.000 EUR zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der 1957 geborene Antragsteller legte am 15.1.1990 vor dem Landesjustizprüfungsamt Baden-Württemberg die zweite juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote "befriedigend" ab. Im April 1990 wurde er durch das Ministerium für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten Baden-Württemberg als Rechtsanwalt zugelassen und in die Liste der bei dem AG Heidelberg und den LG Heidelberg und Mannheim zugelassenen Rechtsanwälte eingetragen. Im Juni 1991 erfolgte die Eintragung in die Liste der beim Bezirksgericht Chemnitz eingetragenen Rechtsanwälte, im Februar 1993 die Eintragung in die Liste der beim LG Zwickau zugelassenen Rechtsanwälte. Im Mai 2001 wurde der Antragsteller in die Liste der beim LG Berlin zugelassenen Rechtsanwälte eingetragen.

Der Antragsteller bewarb sich auf eine der im Amtsblatt für Berlin vom 8.4.2005 (ABl. S. 1242) ausgeschriebenen 37 Notarstellen für Bewerberinnen und Bewerber mit zweiter juristischer Staatsprüfung nach dem Deutschen Richtergesetz.

Mit Bescheid vom 9.3.2007 teilte die Antragsgegnerin mit, dass beabsichtigt sei, die Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Die in der Besetzungsliste auf den Plätzen 1 bis 37 geführten Bewerberinnen und Bewerber hätten Punktzahlen von 206,65 (Rang 1) bis 141,80 (Rang 37) erreicht. Die fachliche Eignung des Antragstellers sei mit 140,57 Punkten zu bewerten. Damit nehme er im Auswahlverfahren die 39. Rangstelle ein.

Gegen diesen, ihm am 16.3.2007 zugestellten Bescheid wendet sich der Antragsteller mit seinem am 13.4.2007 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Der Antragsteller ist der Ansicht, die Auswahlentscheidung sei rechtsfehlerhaft. Er sei jedenfalls den die Rangstellen 35 bis 37 innehabenden Mitbewerbern vorzuziehen.

Für die Bewertung der hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt mit nunmehr höchstens 30 Punkten (Ziff. 2 Buchst. b) der Ausschreibung) fehle ein sachlicher Grund, da Bewerber mit einer umfangreicheren Berufserfahrung eine wesentlich größere Notariatserfahrung aufwiesen. Andere Bundesländer hätten es verfassungs- und gesetzeskonform bei der bisher anrechenbaren Höchstdauer von 15 Jahren belassen. Der Verstoß wirke sich auch auf die Auswahlentscheidung aus, da von den Mitbewerbern auf den Rangstellen 30 bis 37 nur zwei - so wie Antragsteller - über eine 15-jährige Berufserfahrung verfügten.

Das Punktesystem werde den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht, weil es nicht zwischen zeitnahen und länger zurückliegenden Fortbildungsveranstaltungen unterscheide. Der von der Antragsgegnerin angeführte Vertrauensschutz rechtfertige es nicht, von einer Differenzierung abzusehen. Dem Antragsteller, der alle Lehrgänge zwischen September 2003 und Mai 2005 besucht habe, seien weitere Punkte gut zu bringen. Nach der etwa in Hessen geltenden - verfassungskonformen - Regelung komme der Antragsteller auf zusätzliche 56 Fortbildungspunkte und auf eine Gesamtpunktzahl von 196,57.

Die Kappungsgrenzen für die in den Bereichen Fortbildung und praktische Bewährung zu vergebenden Punkte (Ziff. 2 Buchst. e) der Ausschreibung) seien sachlich nicht gerechtfertigt. Die Berücksichtigung von maximal 120 Punkten aus beiden Bereichen habe zur Folge, dass relevante Fortbildungen und Tätigkeiten des Antragstellers unberücksichtigt blieben.

Die Praxis der Vergabe von Sonderpunkten sei rechtswidrig und widerspreche der Vergabepraxis aller übrigen Bundesländer. Die Erfahrungen aus der Tätigkeit als Notariatsverwalter müssten - so der Antragsteller - höher bewertet werden. Die Antragsgegnerin vergebe Sonderpunkte nach Ziff. 2 Buchst. f) aa) der Ausschreibung auch für kurzzeitige Vertretungen, sofern deren Gesamtdauer vier Wochen im Jahr überschreite. Dabei handele es sich jedoch nicht um "herausragende Leistungen", die nach der Rechtsprechung des BVerfG Voraussetzung für die Vergabe von Sonderpunkten seien. Überdies profitierten Bewerber mit einer Vielzahl von Vertretungen mehrfach, weil sie Beurkundungspunkte und Sonderpunkte erhielten. Es bestehe daher die Gefahr unzulässiger Doppelbewertungen. Die Mitbewerber auf den Rangstellen 30 bis 37 der Besetzungsliste hätten bis auf einen Bewerber Sonderpunkte ausschließlich für vorübergehende Notarvertretungen erhalten. Die rechtswidrige Vergabepraxis wirke sich daher konkret zum Nachteil des Antragstellers aus.

Fehlerhaft sei auch die Gewichtung der Sonderpunkte nach Buchst. f) cc), soweit die ...

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