Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 05.11.2019; Aktenzeichen 27 O 194/19)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 05.11.2019 - 27 O 194/19 - gerichtete Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Die Beklagte erhält hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt im Ergebnis der Vorberatung, das Rechtsmittel der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da es offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Das Landgericht hat der auf Unterlassung der den Kläger betreffenden streitgegenständlichen Äußerungen und seines Fotos auf Seite ... und Seite ... in der Zeitschrift "...", Nr. ... vom ... unter der Überschrift "..." sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage zu Recht stattgegeben. Auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil wird Bezug genommen.

Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG bzw. §§ 22, 23 KUG zu.

1. Die Wortberichterstattung verletzt den Kläger rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

a. Die streitgegenständlichen Äußerungen greifen in den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Betroffen ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt. Zur Privatsphäre gehören auch Informationen über das Bestehen einer Liebesbeziehung, deren Bekanntwerden der Betroffene - aus welchen Gründen auch immer - nicht wünscht, sondern vielmehr geheim halten möchte (vgl. BGH, Urt. v. 02.05.2017 - VI ZR 262/16 -, Rn. 19, juris).

Die angegriffenen Äußerungen beeinträchtigen das Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre. Denn die Berichterstattung befasst sich mit der Beschreibung eines privaten Restaurantbesuchs des Klägers mit der Schauspielerin ..., dem dort gezeigten Verhalten der Beiden und der Spekulation darüber, ob Frau ... die "..." ist, mit der der Kläger "...".

Anders als die Beklagte meint, ist der Kläger von den streitgegenständlichen Äußerungen auch betroffen, soweit in dem Beitrag Herr ... als Freund der Frau ... zu deren Liebesbeziehung zitiert wird. Abgesehen davon, dass aus dem Zitat schon nicht erkennbar ist, zu welchem potentiellen Partner der Frau ... sich Herr ... äußert, tritt der Senat dem Landgericht darin bei, dass - ungeachtet der Frage, ob sich Herr ... tatsächlich so geäußert hat - nach dem Kontext von einer Bestätigung der Spekulation der Beklagten über die Beziehung des Klägers zu Frau ... auszugehen ist, die den Kläger persönlich betrifft.

b. Die Beeinträchtigung des Rechts des Klägers auf Achtung seines Persönlichkeitsrechts durch die Berichterstattung ist rechtswidrig. Denn das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit überwiegt das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit.

aa. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (std. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 29.11.2016 - VI ZR 382/15, juris).

bb. Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Der Kläger trägt nicht vor, dass es sich bei der Beschreibung des Restaurantbesuchs und der beschriebenen Wahrnehmungen Dritter um unwahre Tatsachen handelt. Aber auch für wahre Tatsachenbehauptungen ist, wenn sie - wie hier - die Privatsphäre betreffen, ungeachtet ihres Wahrheitsgehalts von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 02.05.2017 - VI ZR 262/16 -, Rn. 23, juris).

(1.) Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1...

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