Leitsatz (amtlich)
Das Grundbuch kann nicht allein auf Grundlage von Teilerbscheinen, die die Erbteile nicht vollständig erfassen, berichtigt werden. Gleichwohl ist das Verlangen des Grundbuchamts nach Vorlage eines weiteren Teilerbscheins nicht gerechtfertigt, wenn eine Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, vorliegt, aus der sich die Beteiligung der weiteren, nicht bereits von den Teilerbscheinen erfassten Miterben am Nachlass ergibt und die ohne weiteres mit den Teilerbscheinen in Übereinstimmung zu bringen ist.
Normenkette
BGB §§ 2274, 2276, 2278, 2289, 2353, 2365; GBO §§ 18, 22, 29, 35
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 41 LF x-91) |
Tenor
Die Zwischenverfügungen werden im angefochtenen Umfang aufgehoben.
Gründe
I. Die eingetragene Eigentümerin schloss am 14. Juli 1990 mit der Beteiligten und weiteren drei Geschwistern zur UR-Nr. x1990 des Notars X in Wx einen Erbvertrag. Darin setzte sie ihre vier Geschwister zu je 1/4 Anteilen zu ihren Erben ein. Weiter bestimmte die eingetragene Eigentümerin: "Ersatzerben anstelle eines jeden Miterben sind dessen Abkömmlinge untereinander hinsichtlich der Erbquoten nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge".
Auf Grund des Überweisungszeugnisses des Amtsgerichts Kassel vom 7. November 1990, das sie und ihre vier Geschwister, darunter auch die Beteiligte, als Erben ihres Vaters ausweist, wurde die eingetragene Eigentümerin als solche am 28. November 1990 in Abt. I des Grundbuchs eingetragen.
Mit handschriftlichen Testamenten vom 12. August 2001 und 24. August 2001 setzte die eingetragene Eigentümerin eine dritte Person zu ihrer "alleinigen Erbin" ein.
Die eingetragene Eigentümerin verstarb am 17. November 2018. Das Amtsgericht Schöneberg - Nachlassgericht - eröffnete die beiden Testamente am 8. Januar 2019 und den Erbvertrag am 14. Februar 2019. Es erteilte am 6. November 2019 zwei Gemeinschaftliche Teilerbscheine - 66 VI x/19. Der "1. Gemeinschaftliche Teilerbschein" weist drei Neffen und eine Nichte der Erblasserin als deren Miterben zu je 1/16 des Nachlasses aus. Der "2. Gemeinschaftliche Teilerbschein" weist - mutmaßlich - vier weitere Nichten und einen Neffen als Miterben zu je 1/20 des Nachlasses aus.
Unter dem 7. Januar 2020 hat die Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs beantragt, dass sie, ihr Bruder sowie die sich aus den beiden Teilerbscheinen ergebenden Miterben an Stelle der eingetragenen Eigentümerin im Grundbuch gebucht werden. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 4. März 2020 unter Fristsetzung u.a. darauf hingewiesen, es fehle ein weiterer Teilerbschein bezüglich der restlichen Erbteile. Mit Verfügung vom 17. April 2020 hat es unter weiterer Fristsetzung - allein - auf dieses Eintragungshindernis hingewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 26. Mai 2020 nicht abgeholfen hat.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Gegenstand des Verfahrens ist allein das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Hindernis eines fehlenden weiteren Teilerbscheins. Von den übrigen, in der Zwischenverfügung vom 4. März 2020 aufgeführten Beanstandungen, hat das Grundbuchamt in der Folge Abstand genommen. Jedenfalls ist es auf die Einwendungen des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten gegen diese Beanstandungen nicht mehr eingegangen; in der weiteren Zwischenverfügung wird nur noch das eine, hier maßgebliche Eintragungshindernis aufgezeigt.
2. Die Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht, so dass die Zwischenverfügungen - jedenfalls insoweit - nicht veranlasst waren, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.
a) Die Berichtigung einer unrichtigen Grundbucheintragung erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 GBO, wenn die Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunden, § 29 GBO, nachgewiesen wird, § 22 Abs. 1 GBO. Ist das Grundbuch durch Tod eines Berechtigten unrichtig geworden, ist der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO.
Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es in der Regel, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung vorgelegt werden, § 35 Abs. 1 S. 2 HS 1 GBO. Dann darf das Grundbuchamt einen Erbschein nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können.
Danach kann zum Nachweis der Erbfolge ein zur Niederschrift eines Notars geschlossener Erbvertrag ausreichend sein, vgl. §§ 2274, 2276, 2278, 1937 BGB (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 35, Rdn. 35).
b) Hingegen wird aus dem in § 35 Abs. 1 GBO enthaltenen Regel-Ausnahme-Prinzip abgeleitet, dass das Grundbuchamt sich nur nach einem Erbschein zu richten hat, wenn ihm sowohl ein solcher als auch die in einer öffentlichen Urkunde enthaltene Verfügung von Todes...