Leitsatz (amtlich)

Ist der Veräußerer/Unternehmer mit der Beseitigung eines Mangels am Gemeinschaftseigentum im Verzuge, kann der Wohnungseigentümer nach § 633 Abs. 3 BGB (a.F.) selbst nachbessern und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Ansprüche auf Nachbesserung bzw. Zahlung eines dafür erforderlichen Vorschusses oder der Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten können ohne zuvor ergangenen Mehrheitsbeschluss von den einzelnen Wohnungseigentümern eingeklagt werden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 20 O 95/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 2.2.2006 gegen den Beschluss der Zivilkammer 20 des LG Berlin vom 17.1.2006 - 20 O 95/04 - wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert bis zu 12.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hatte das LG gem. § 91a ZPO nur noch nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Die insoweit in dem Beschl. v. 17.1.2006 getroffene Entscheidung ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beklagten nicht zu beanstanden.

Das LG hat zu Recht festgestellt, dass die Kläger hinsichtlich des geltend gemachten Vorschussanspruchs klagebefugt waren. Die letztlich auf Erfüllung des Erwerbsvertrages zielenden Ansprüche auf Nachbesserung bzw. Zahlung eines dafür erforderlichen Vorschusses oder der Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten können ohne zuvor ergangenen Mehrheitsbeschluss von den einzelnen Wohnungseigentümern eingeklagt werden (BGH v. 4.6.1981 - VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35 [38] = MDR 1982, 50). Kann der einzelne Wohnungseigentümer selbständig die Beseitigung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum durchsetzen, so kann er auch selbständig einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann er einen Titel gegen den Veräußerer/Unternehmer auf Beseitigung der Mängel erwirken und die Vorauszahlung der zu erwartenden Kosten gem. § 887 Abs. 2 ZPO erzwingen (BGHZ 68, 372 [377]). Ist der Veräußerer/Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzuge, kann der Wohnungseigentümer nach § 633 Abs. 3 BGB selbst nachbessern und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Dann muss es ihm auch möglich sein, im Klagewege einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zu fordern. Dieser Vorschussanspruch ist von der Rechtsprechung aus dem Kostenerstattungsanspruch der §§ 633 Abs. 3 BGB, 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B aus Billigkeitsgründen nach § 242 BGB in Anlehnung an § 669 BGB entwickelt worden (BGHZ 47, 272 [273]; BGHZ 54, 244 [247]; BGHZ 61, 28 [30]; BGHZ 66, 138 [140]). Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, dem Wohnungseigentümer diesen Anspruch zu versagen. Er wird damit nur in die gleiche Lage versetzt wie jeder Besteller eines Bauwerks, das Mängel aufweist (BGHZ 68, 372 [377, 378]).

Auch der Veräußerer/Unternehmer wird dadurch in seinen schutzwerten Interessen nicht weiter gehend beeinträchtigt, als er es schon dadurch ist, dass Ansprüche auf Beseitigung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum von den einzelnen Wohnungseigentümern selbständig geltend gemacht werden können. Der Vorschuss ist nichts Endgültiges, sondern muss abgerechnet werden. Soweit er nicht verbraucht wird, ist er zurückzuzahlen (BGHZ 47, 272 [274]; BGHZ 66, 138 [141]). Das kommt gerade dann in Betracht, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass die von einem Wohnungseigentümer angestrebte Mängelbeseitigung im Innenverhältnis ggü. der Gemeinschaft der anderen Wohnungseigentümer nicht durchsetzbar ist. Den nicht benötigten Teil des Vorschusses kann der Veräußerer/Unternehmer aber auch dann zurückfordern, wenn er von mehreren Wohnungseigentümern nebeneinander auf Zahlung eines Vorschusses in Anspruch genommen worden sein sollte. Die teilweise im Schrifttum befürchtete Konkurrenz der verschiedenen Mängelgewährleistungsrechte, wenn sie von einzelnen Wohnungseigentümern unterschiedlich ausgeübt werden, besteht gerade beim Vorschussanspruch im Verhältnis zum Mängelbeseitigungs- und Kostenerstattungsanspruch nicht. Diese Gewährleistungsrechte sind alle auf das gleiche Ziel, die Nachbesserung, gerichtet und erledigen sich durch deren Vornahme, wobei nicht verbrauchter Vorschuss zurückzugewähren ist. Um andere Gewährleistungsansprüche geht es hier nicht (BGHZ 68, 372 [378]).

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das LG der von ihm zitierten Rechtsprechung des BGH also zu Recht entnommen, dass der einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten selbst geltend machen kann und dabei Zahlung an sich selbst verlangen kann.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 6.6.1991 (BGH v. 6.6.1991 - VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383 = MDR 1991, 10...

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