Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 09.04.2008; Aktenzeichen 33 O 433/07) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 33 des LG Berlin vom 9.4.2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte u.a. auf die Übertragung von "Eigentumsrechten des Anteils am Stammkapital der Betreibergesellschaft" eines Gasfeldes, hilfsweise auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung in Anspruch. Sie hat ihre Klage am 8.10.2007 beim LG Berlin eingereicht. Nachdem das LG den Streitwert auf 30 Mio. EUR beziffert und unter dem 11.10.2007 den entsprechenden Kostenvorschuss erfordert hatte, ging dieser Betrag am 5.11.2007 ein. Darauf ermittelte das LG die für die Übersetzung der Klageschrift nebst Anlagen in die russische Sprache sowie die für die Zustellung der Klage zu erwartenden Kosten und teilte der Klägerin insoweit die Berechnungsgrundlagen mit Schreiben vom 10.12.2007 mit. Nunmehr erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.12.2007, benannte die aus ihrer Sicht zu übersetzenden Anlagen und zahlte den auf dieser Grundlage ermittelten Auslagenvorschuss am 4.1.2008 bei Gericht ein.
Nachdem das LG mit Rücksicht darauf, dass eine 75-seitige Klageschrift und 202 Seiten Anlagen zu übersetzen waren, die Kapazitäten verschiedener Übersetzer angefragt hatte, erteilte es unter dem 24.1.2008 einen Übersetzungsauftrag. Am 31.3.2008 gingen die angeforderten Übersetzungen beim LG ein; die Übersetzung einer Anlage wurde nachgefordert. Mit Verfügung vom 10.4.2008 ordnete das LG die Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens an.
Bereits unter dem 5.3.2008 hatte die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzugeben, gem. § 184 Abs. 1 ZPO einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen, weil für das Zustellungsverfahren in der Russischen Föderation weitere sechs bis neun Monate zu veranschlagen seien, die ihr nicht zuzumuten seien. Diesen Antrag wies das LG durch Beschluss vom 10.3.2008 zurück.
Mit dem darauf am 14.3.2008 beim LG eingegangenen weiteren Antrag hat die Klägerin die öffentliche Zustellung der Klage begehrt, weil eine Zustellung im Ausland nicht möglich sei. Eine Erledigung des Rechtshilfegesuchs innerhalb absehbarer Zeit sei nicht zu erwarten, nachdem bereits sechs Monate vergangen seien. Sie hat sich in ihrem Justizgewähranspruch beeinträchtigt gesehen und befürchtet die Erhebung der Verjährungseinrede nach russischem Recht, zumal nicht klar sei, ob nicht erst der Zugang der Klage zur Verjährungshemmung führe.
Durch Beschluss vom 9.4.2008 hat das LG den Antrag der Klägerin, der Beklagten die Klage öffentlich zuzustellen, zurückgewiesen. Gegen den ihr am 16.4.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin noch am selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt, der das LG durch Beschluss vom 23.4.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem KG zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.1. Die gem. §§ 186 Abs. 1, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Klägerin, über die der Senat, nachdem ihm die Sache vom Einzelrichter wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO übertragen worden ist, in voller Besetzung zu entscheiden hat, auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt worden.
2. In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde indes ohne Erfolg, weil das LG zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen, unter denen die öffentliche Zustellung einer Klage nach § 185 ZPO bewilligt werden kann, vorliegend nicht erfüllt sind.
Wie auch die Klägerin nicht verkennt, kommt angesichts dessen, dass die ladungsfähige Anschrift der Beklagten im Ausland bekannt ist, eine öffentliche Zustellung der Klage nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht, § 185 Nr. 2 ZPO. Davon lässt sich - wie das LG richtig angenommen hat - vorliegend nicht ausgehen.
a) Dabei ist allerdings mit der Klägerin anzunehmen, dass die öffentliche Zustellung einer Klage auch dann "keinen Erfolg verspricht", wenn erfahrungsgemäß eine so außergewöhnlich langsame Erledigung der Zustellung über den Rechtshilfeweg zu erwarten ist, dass der betreffenden Partei ein Zuwarten billiger Weise nicht zugemutet werden kann (vgl. Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 185 Rz. 10; Stadler in IPrax 2002, 471 ff. (474)). In einem solchen Fall fordert es der Anspruch der Partei auf Justizgewährleistung, die öffentliche Zustellung zu bewilligen, wobei der Anspruch der Gegenpartei auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG auf geeignete Weise sicherzustellen ist. Dass ein solcher Fall hier gegeben ist, vermag der Senat nach seiner freien Überzeugung jedoch nicht zu erkennen.
Die bisher eingetreten Verzögerungen sind im Wesentlichen nicht durch Probleme des Rechtshilfeverkehrs verursacht worden, wenn man davon absieht, dass wegen der zu fertigenden Übersetzung...