Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zurechnung von fiktiven Einkünften bei einem gesteigert Unterhaltspflichtigen mit dem Studienabschluss 'Bohrtechnik' einer Bergbauakademie und Berufserfahrung im internationalen Erdölexplorationsgeschäft.
2. Von einem gesteigert Unterhaltspflichtigen kann erwartet werden, dass er eine von ihm bislang tatsächlich ausgeübte Berufstätigkeit grundsätzlich auch dann im bisherigen Umfang und Ausmaß fortführt, wenn er dieser in gefährlichen Regionen der Welt nachgehen muss.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 13.11.2012; Aktenzeichen 182 F 2137/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 13.11.2012 - 182 F 2137/12 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass mit Wirkung ab dem 1.1.2013 Unterhaltsrenten lediglich wie folgt zu zahlen sind:
- an A.H., geboren am ...1997 eine monatliche Unterhaltsrente i.H.v. 80,3 % des Mindestunterhalts der Stufe 1 der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe abzgl. des hälftigen staatlichen Kindergelds für ein erstes Kind (derzeitiger Zahlbetrag 286 EUR),
- an F.H., geboren am ...1999 eine monatliche Unterhaltsrente i.H.v. 80,3 % des Mindestunterhalts der Stufe 1 der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe abzgl. des hälftigen staatlichen Kindergelds für ein erstes Kind (derzeitiger Zahlbetrag 286 EUR),
- an A.H., geboren am ...2003 eine monatliche Unterhaltsrente i.H.v. 80,2 % des Mindestunterhalts der Stufe 1 der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe abzgl. des hälftigen staatlichen Kindergelds für ein drittes Kind (derzeitiger Zahlbetrag 231 EUR).
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.526,02 EUR festgesetzt.
Der Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragsgegners vom 27.2.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 13.11.2012, mit dem er verpflichtet wurde, seinen drei Kindern A., F.und A.zu Händen der Mutter, seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau, laufenden und rückständigen Kindesunterhalt zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Der Antragsgegner meint, das Familiengericht sei mit der getroffenen Entscheidung über die Antragstellung hinausgegangen und habe den Kindern mehr Unterhalt als von diesen beantragt zugesprochen. Weiter trägt er vor, derzeit auf staatliche Transferleistungen angewiesen zu sein; das Familiengericht gehe fehl, wenn es ihm fiktiv monatliche Einkünfte i.H.v. 3.000 EUR brutto zurechne, weil er durch zahlreiche Telefonate mit potentiellen Arbeitgebern ausreichend dargelegt habe, dass es ihm nicht möglich sei, ein Einkommen in dieser Größenordnung zu realisieren. Im Ergebnis entsprechendes gelte auch im Hinblick auf den rückständigen Unterhalt, zu dessen Leistung er verpflichtet worden sei; insoweit sei vom Familiengericht verkannt worden, dass er im fraglichen Zeitraum bei einem Bruttoeinkommen i.H.v. 1.350 US$ Vollzeit beschäftigt gewesen sei und deshalb auch nur dieses Einkommen der Rückstandsberechnung zugrunde gelegt werden dürfe. Schließlich weist er daraufhin, dass der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu minderjährigen Kindern mit Wirkung ab Januar 2013 auf einen Betrag von 1.000 EUR erhöht worden sei; dies sei auch ihm zuzubilligen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Beschwerdebegründung vom 27.2.2013 Bezug genommen.
Die Antragstellerin verteidigt die familiengerichtliche Entscheidung unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 26.3.2013 verwiesen.
II.1. Die Beschwerde ist statthaft (§§ 117, 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 117, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel indessen nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen, geringen Umfang Erfolg. Denn das Familiengericht hat dem Antragsgegner zu Recht fiktive Einkünfte zugerechnet und ihn auf dieser Grundlage zur Leistung von laufenden und rückständigen Unterhalt für seine drei minderjährigen Söhne verpflichtet. Nach eigener Sachprüfung schließt sich der Senat den zutreffenden Erwägungen des Familiengerichts an. Von der erforderlichen Anpassung der Verpflichtung an den aktuellen Selbstbehaltssatz abgesehen rechtfertigt das Beschwerdevorbringen keine andere Entscheidung:
a) Die Rüge der Beschwerde, das Familiengericht habe entgegen §§ 113 Abs. 1 FamFG, 308 Abs. 1 ZPO den Kindern mehr zugesprochen, als von diesen begehrt worden sei, weil bei der Ermittlung der Unterhaltsbeträge das Einsatzeinkommen der Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle, die Nettoeinkünfte bis 2.300 EUR/Monat erfasst - das dem Antragsgegner fiktiv zugerechnete monatliche Bruttoeinkommen von 3.000 EUR entspricht einem Nettoeinkommen von ca. 1.900 EUR/Monat -, zugrunde gelegt w...