Leitsatz (amtlich)

1. Für die Entstehung der Entwurfsgebühr nach § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO (jetzt: Vorbem. 2.4.1. Abs. 1 Satz 1 GV-GNotKG) kommt es nicht darauf an, für welche Zwecke (hier: für Informationszwecke) der Kostenschuldner den Entwurf angefordert hat. Auch ein noch nicht alle Einzelheiten enthaltender Standardentwurf einer Urkunde kann einen Entwurf i.S.d. § 145 KostO (jetzt: § 119 GNotKG, Hauptabschnitt 4, Abschnitt 1 GV-GNotKG) darstellen.

2. Im Rahmen der sog. planenden Beratung als selbständiger Betreuungstätigkeit nach § 24 BNotO kann der Notar verpflichtet sein, über die Kosten der ins Auge gefassten Beurkundungen zu informieren. Wissen die Beteiligten nicht einmal, ob eine Beurkundung (hier: eines gemeinsamen Testaments) für sie zweckmäßig ist, ist das Ansinnen des Notars im Rahmen der planenden Beratung, ihnen einen - kostenpflichtigen - Entwurf zukommen zu lassen, amtspflichtwidrig i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO, wenn er die Beteiligten nicht über die dafür entstehenden Kosten informiert hat.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 22.11.2012; Aktenzeichen 82 OH 49/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kostenschuldner wird der Beschluss des LG Berlin dahin abgeändert, dass die Kostenberechnung des Kostengläubigers vom 22.11.2012 - Rechnung Nr. 201200435 - aufgehoben wird.

Der Kostengläubiger hat die Kosten beider Instanzen des Notarkostenverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird 852,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Notarkostenbeschwerdeverfahren um die Berechtigung einer Kostenberechnung des Kostenschuldners für den Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments. Der Kostengläubiger besprach mit den Kostenschuldnern die Frage, ob sie ein notariell beurkundetes Ehegattentestament errichten sollten. Ohne dass diese Frage beantwortet war und ohne zu erwähnen, dass hierfür Kosten i.H.v. 852,69 EUR anfallen würden, übersandte er ihnen mit ihrem Einverständnis einen Testamentsentwurf. Die Kostenschuldner meinen, keinen Entwurf in Auftrag gegeben zu haben und die geltend gemachten Kosten jedenfalls nicht zu schulden, weil sie hierüber nicht belehrt worden waren.

II. Die gem. § 129 Abs. 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere nach § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit den §§ 63 Abs. 1 und 3, 65 Abs. 1 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Kostenschuldner ist begründet. Die beanstandete Kostenberechnung des Kostengläubigers war aufzuheben, weil sich aus ihr im Hinblick auf den entgegenstehenden und von den Kostenschuldnern auch aufgerechneten Notarhaftungsanspruch gleicher Höhe aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO keine Kostenforderung mehr herleiten lässt.

1. Allerdings ist der von dem Kostengläubiger mit seiner von den Kostenschuldnern beanstandeten Kostenberechnung geltend gemachte Gebührenanspruch gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO entstanden.

Auch wenn es sich so verhalten haben sollte, wie die Kostenschuldner vortragen, besteht an der Erteilung eines Entwurfsauftrags kein Zweifel. Daran würde auch der von den Kostenschuldnern behauptete Umstand, der Kostengläubiger habe die Entwürfe zu dem Zweck übersenden wollen, dass sie sich informieren können, nichts ändern. Denn für die Entstehung der Gebühr kommt es nicht darauf an, für welche Zwecke der Entwurf angefordert wird. Anders als die Kostenschuldner meinen, handelt es sich bei dem ihnen von dem Kostengläubiger übersandten dreiseitigen Testamentstext um einen Entwurf i.S.d. § 145 KostO, auch wenn es sich um einen Standardentwurf handelt, in dem noch nicht alle Einzelheiten aufgenommen waren. Denn, dass ein Entwurf noch an die jeweiligen Besonderheiten des Falls anzupassen ist, entspricht seinem Wesen.

2. Dem Kostenanspruch des Kostengläubigers steht ein Notarhaftungsanspruch der Kostenschuldner aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO in entsprechender Höhe entgegen, den sie auch gegenüber dem Anspruch aus der Kostenrechnung aufgerechnet haben. Ein solcher Anspruch kann im Notarkostenbeschwerdeverfahren der Kostenforderung entgegengehalten werden, wenn er die abgerechnete Tätigkeit selbst betrifft oder aus typischen mit der Notartätigkeit zusammenhängenden Tatbeständen erwächst, wobei es bei dem Einwand der Amtspflichtverletzung ohne Bedeutung ist, ob die Pflichtwidrigkeit des Notars in einer unrichtigen Sachbehandlung oder in einem sonstigen der Beurkundungstätigkeit vorgehenden pflichtwidrigen Verhalten des Notars liegt (Sikora in: Korintenberg, GNotKG, 19. Aufl. 2015, § 127 GNotKG Rz. 36 m.w.N.). Hier ergibt sich der der Kostenforderung entgegenstehende Notarhaftungsanspruch nicht aus der der Kostenberechnung selbst zugrunde liegenden Tätigkeit, der Anfertigung eines Testamentsentwurfs, sondern der diesem Auftrag vorgelagerten beratenden Tätigkeit des Kostengläubigers.

a) Die Anfertigung von Urkundsentwürfen fällt unter die selbständigen Betreuungstätigkeiten des Notars nach § 24 BNotO (Ganter in: Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl. 2014, Rz. 2064). Inhalt und Umfang der Betreuungspflicht richten sich...

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